15 Aus den Angaben und statistischen Berichten des österreichischen Innenministeriums und des US-Hochkommissars für Österreich lassen sich für den jeweiligen Stand der in Österreich registrierten "deutschsprachigen Flüchtlinge" (volksdeutsche Vertriebene) aus Jugoslawien folgende Zahlen zusammenstellen (wiedergegeben nach verschiedenen Tabellen in: Tony Radspieler, The Ethnic German Refugee in Austria 1945 to 1954, Den Haag 1955; Wilhelm R. Schließleder, Das österreichische Flüchtlingsproblem, in: Integration Nr. 3/4, München 1954, S. 239 ff. und Jg. 2/1955, Nr. 3, S. 176 ff.; Hans Strachotinsky v. Strachotin, Das wahre Zahlenbild der Volksdeutschen, in: Berichte und Informationen des österreichischen Forschungsinstituts für Wirtschaft und Politik, Jg. 6, Heft Nr. 284 vom.

28. 12. 1951):

DatumEingebürgerteNicht-EingebürgerteinsgesamtAuswanderer
1. 7.1946 103 873  
1. 1.1947 91 710  
1. 1.1948 139 539  
1. 1.1949 140 029  
1. 1.1950 129 944  
1. 6.1951 116 421  
1.10.195122 522111 703134 225 
30. 6.1952  126 181 
1.10.195329 82189 781119 60221 006
1. 1.195430 50887 701118 209 

Bei den Eingebürgerten handelt es sich hier nur um diejenigen Volksdeutschen, die in den Meldungen der Landesregierungen an das Innenministerium als deutschsprachige Flüchtlinge geführt wurden. Darin wurde aber bis 1951 nicht einheitlich verfahren; vielfach ist nur die ehemalige Staatsangehörigkeit (Herkunftsland), nicht aber die Volkszugehörigkeit (Muttersprache) angegeben worden, und überdies wurde ein erheblicher Teil der Eingebürgerten als nicht klassifiziert (Staatsangehörigkeit ungeklärt) oder als vormals staatenlos registriert. So dürften sich unter den bis 1. 10. 1951 Eingebürgerten in den Gruppen (Herkunftsland Jugoslawien 6194, staatenlos 14 139, ungeklärt 4468), bei denen die Volkszugehörigkeit oder Muttersprache nicht ersichtlich ist, mehrere tausend Volksdeutsche aus Jugoslawien befunden haben, und zwar vor allem auch die bis dahin schon bevorzugt eingebürgerten Deutschen aus den an Steiermark und Kärnten angrenzenden "Randgebieten", die als "Volksösterreicher" angesehen wurden. (Ende Juni 1948 gab der Innenminister Oskar Helmer bekannt, daß zwischen dem 14. 3. 1946 und 30. 4. 1948 insgesamt 9111 Einbürgerungen aus staatsbürgerlichen und wirtschaftlichen Gründen vorgenommen worden seien; nach: Keesing's Archiv der Gegenwart, Jg. 18/19, 1948/49, S. 1549 H.) Diese Annahme wird auch dadurch bestätigt, daß in diesen nicht nach der Volkszugehörigkeit klassifizierten Gruppen 11 381 Einbürgerungen im Bundesland Steiermark und 6987 im Bundesand Kärnten verliehen wurden, wo sich die Masse der bereits 1945/46 aus den angrenzenden Gebieten Sloweniens vertriebenen Deutschen niedergelassen hatte und vielfach auch familiäre Bindungen besaß (vgl. Strachotinsky v. Strachotin, der in den Grunpen Herkunftsland nur 12 Prozent Fremdsprachige veranschlagt; wie aus einer Mitteilung der Landsmannschaft und des Hilfsvereins der Deutsch-Untersteirer in Österreich hervorgeht, lebten im Jahre 1950 im Bundesland Steiermark 9873 der nach Österreich vertriebenen Volksdeutschen aus der Untersteiermark, nach: Die deutschen Vertreibungsverluste, Stuttgart 1958, S. 438 mit Anm. 52 u. 53). Da es sich nach mehrfach übereinstimmender Ansicht bei dem größeren Teil der unter Herkunftsland, staatenlos oder ungeklärt registrierten und in der Zusammenstellung des österreichischen Innenministeriums als nicht deutsch Sprechende geführten Eingebürgerten tatsächlich um Volksdeutsche handelt (vgl. Radspieler, S. 41 f., 52 und 63 Tab. XVI mit Anm. 2.; aufschlußreich ist folgende Gegenüberstellung in diesen Gruppen nach dem Stand vom 1. 10. 1953: Herkunftsland Jugoslawien 6784 eingebürgert - 11955 nicht eingebürgert, staatenlos 17227 - 4635, ungeklärt 5641 - 2134), müßten die Zahlen der deutschsprachigen Eingebürgerten und die Gesamtzahlen in der obigen Aufstellung entsprechend erhöht werden, so daß mit einer Gesamtzahl von 140 000 bis 145 000 Volksdeutschen aus Jugoslawien am 1. 10. 1951 und einer Gesamtzahl von 150 000 im September 1950 zu rechnen ist.

Weiterhin bestätigt wird diese Annahme auch durch die Zahl der registrierten Auswanderer aus Österreich. Nach Angaben des österreichischen Innenministeriums (vgl. Radspieler, S. 57 Tab. XII) sind in der Zeit vom 1. 7. 1947 bis 31. 12. 1952 und vom 1. 1. bis 1. 10. 1953 insgesamt 21 006 nicht eingebürgerte Jugoslawien-Deutsche nach folgenden Ländern ausgewandert:

USAFrankreichCanadaBrasilienDeutschland
10 4213 8331 3842 256638
72 99960898
EnglandArgentinienAustraliensonstigeinsgesamt
26060221518 889
  68202 117

Da die Gesamtzahl der bis Ende 1952 auf Grund des amerikanischen DP-Gesetzes vom 25. 6. 1948, Abt. 12, aus Österreich in die USA ausgewanderten Volksdeutschen verschiedener Heimatländer tatsächlich um 4047 höher war als nach dem Ausweis des österreichischen Innenministeriums (14 798) und die Masse dieser Auswanderer Jugoslawien-Deutsche waren, muß deren Gesamtzahl wohl um ca. 3000 auf wahrscheinlich 24 000 erhöht werden (vgl. Radspieler, S. 57, Anm. 2). Eine nennenswerte Auswanderung begann erst 1949; bis Ende des Jahres haben insgesamt 905 Volksdeutsche in Österreich ihr Visum zur Einwanderung in die USA erhalten (vgl. den "Walter-Bericht": Vertriebene und Flüchtlinge Volksdeutschen Ursprungs, Bericht vom 24. März 1950, Nr. 1841, 81. Kongreß, 2. Sitzungsperiode; deutsche Ausgabe, Bonn 1950, S. 92). – Wie viele Jugoslawien-Deutsche während dieser Zeit über die "grüne Grenze" nach Deutschland gingen, wo sie bessere Lebensbedingungen zu finden hofften, ist nicht bekannt.

Vermerkt sei noch, daß zu verschiedenen Zeiten auch Volksdeutsche ans Jugoslawien ihr Volkstumsbekenntnis oder die Angabe des Herkunftslandes aus bestimmten Gründen (Zugehörigkeit zur Waffen-SS, Betreuung der nichtdeutschen Flüchtlinge und DPs durch internationale Organisationen, die Möglichkeit zur Umsiedlung nach Deutschland als Ungarn-Deutsche oder deutsche Staatsangehörige, die Schwierigkeiten bei der Bewerbung um die österreichische Staatsangehörigkeit ohne den Nachweis über den Verlust der früheren Staatsangehörigkeit, Erleichterung der Auswanderung usw.) der jeweiligen Lage anzupassen suchten und in den amtlich ausgewiesenen Zahlen nicht richtig geführt oder gar nicht einbegriffen sind.