5 Hierzu ergänzende Mitteilungen enthält der Erlebnisbericht (Brief) des Bauern F. R. über die Ereignisse in Hodschag; darin heißt es: "Ungarn plötzlich ohne Regierung. Da war derTeufel los. - Die 8. Kavallerie-Divison-SS "Florian Geyer" war in Rußland zerschlagen und zu dieser Zeit in Kroatien, Gebiet um Valpovo, zur Auffrischung bzw. Neuaufstellung. So kamen einige Unterführer in diesem Chaos herüber, einige Urlauber gesellten sich dazu, einige einheimische Fanatiker, und schon lief das ganze. Es wurden ,Freiwillige' gemacht. Besonders arg war es in Karavukovo, da kamen einige kohlschwarz und blau geschlagen. Es hieß in Hodschag, am 20. 3. in der Früh im Heim melden. Es ging schon da zu wie beim babylonischen Turm. Nachmittag war [man] dann schon mit Koffer angetreten, abmarschbereit im Heim. Verhöhnt und angespien standen wir im Hofe, umringt von lausenden Frauen. Ich werde den Anblick nie vergessen, als unser Kreisleiter das Wort ergriff, indem er sagte: ,Liebe Kameraden SS-Freiwillige!' Weiter werde ich nie den .Marsch' vom Heim zum Bahnhof vergessen, die Gassen schwarz umsäumt von Menschen, wir mußten auf dem Fahrweg gehen. Wir wurden ja mit den schönsten Liebesworten bedacht.

Beim Bahnhof in Viehwaggons eingeladen, ging es über Apatin usw., bis wir in Valpovo gelandet sind. Die Fahrt dauerte sehr lang, und während der ganzen Fahrt sprangen die Leute haufenweise ab, Ziel wieder Richtung Heimat. Ich blieb. In Belišće wurden wir zuerst untergebracht, auch von hier verschwanden die Männer haufenweise. Ich kam zur Artillerie, und wir wurden dann auf Ostern nach Ungarn verlegt, Gegend um Mohäcs.

Obzwar wir schon ein Monat angezogen waren, begann hier wieder eine Massenflucht. Diese Männer ließen sich dann in Sombor bei der ungarischen Gendarmerie in ,Schutzhaft' nehmen. Zustände, was? Eines Morgens standen wir auf, und siehe, aus unsrer Batterie fehlten 8 Apatiner. Unser Chef, damals noch Hauptscharführer, kam ins Zimmer. Sie können sich ja die Gefühle vorstellen, die wir alle empfanden. Unser Chef war ein überaus feiner Mensch, ein Schwabe aus der Stuttgarter Gegend. Es herrschte für Sekunden Todesstille, nachdem das Kommanda ,Achtung' gefallen war. Unser Chef sagt: ,Also Kinder, was ist da los? Sagt mir einmal, was habt ihr?' Ich dachte mir plötzlich: jetzt oder nie, und ich war es dann, der ihm die Antwort gab: ,Hauptscharführer, Sie wissen, unter welchen Umständen wir hierher gekommen sind. Ich kann Ihnen versichern, daß das so weitergehen wird, solange unsere Gendarmerie (also die ungarische) berechtigt ist, diesen Männern Asyl zu gewähren. Die ganze Sache muß von höherer Stelle aus geregelt und bereinigt werden. Kann man diese Männer dort halten und müssen sie nicht zurück, so besteht auch kein Recht, uns hier zu halten.' - (Sie müssen bedenken, daß wir zu diesem Zeitpunkt bereits 6-7 Wochen Soldaten waren.) - ,Seid vernünftig', sagt unser Chef darauf. ,Ich kann Euch versichern, daß alle wieder zurückkommen und daß diesbezügliche Verhandlungen bereits abgeschlossen sind.' So war es auch. Nach einigen Tagen kamen alle unsere ,Ausreißer' wieder zurück, es geschah ihnen gar nichts. Mein Bruder z. B. benützte auch hier nochmal die Gelegenheit von Baja aus zur Flucht. Er schlug sich nach Österreich durch bis Klagenfurt, meldete sich freiwillig bei der Wehrmacht und diente bei den Gebirgsjägern." (Original, 19. April 1958, 7 Seiten, hschr.)