Nr. 11: Die Aufstellung bewaffneter Einheiten der deutschen Volksgruppe in Kroatien im Rahmen der kroatischen Armee in den Jahren 1941-43, ihre Überführung in die Waffen-SS-Division "Prinz Eugen"; die Partisanenkämpfe in Syrmien.

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Bericht des Oberst a. D. E. S. aus Agram (Zagreb) in Kroatien.

Original, 16. September 1959, 5 Seiten, mschr.

Zunächst erklärt der Vf.. daß er bis 1941 jugoslawischer aktiver Offizier war, nach der Besetzung des Landes durch die deutschen Truppen einige Wochen als Dolmetscher fungierte und sich dann in Agram zu der im Aufbau befindliclien kroatischen Armee meldete.

In Agram war ich im Juni/Juli 1941 mit Branimir Altgayer, meinem alten Bekannten und ehemaligen aktiven Offizier, öfter beisammen, der inzwischen zum Volksgruppenführer von Kroatien ernannt worden war. Außerdem war er zum Oberst befördert worden, gleichzeitig hatte er auch den Rang eines Staatssekretärs in der neu konstituierten kroatischen Regierung. Aus den damaligen Gesprächen habe ich entnommen, daß die Volksdeutschen von der kroatischen Regierung die Erlaubnis bekommen haben, ihre eigenen Einheiten aufzustellen, die ausschließlich aus Volksdeutschen bestanden. Als erstes wurde ein Jägerbataillon in Ruma aufgestellt. Kommandant war der ehemalige jugoslawische Offizier Major Keller, gebürtig aus Ruma. Sein Vater war Bahnhofsvorstand in Ruma. Er selbst war später eine Zeitlang bei der Waffen-SS, Prinz-Eugen-Division, und ist 1944 bei Visoko (Bosnien) mit seinem Auto auf eine Mine gefahren und tödlich verunglückt. Nach der Aufstellung des Jägerbataillons wurde die sog. Einsatzstaffel aufgestellt, und zwar war der Stab dieser Einsatzstaffel in Esseg. Das Jägerbataillon war eine Einheit im Rahmen der kroatischen Domobranzen. Die Einsatzstaffel hingegen war eine Formation im Rahmen der Ustascha-Einheiten. Die Jäger trugen die kroatische Uniform mit einem ovalen Hakenkreuz-Abzeichen am linken Ärmel, die Einsatzstaffel trug die deutsche SS-Uniform mit einem Runen-Zeichen (nicht die Siegrune!).

Es bestand auch ein Ergänzungsbezirk für diese deutschen Einheiten in Vinkovci, und dieses führte die karteimäßigen Erfassungen der Volksdeutschen im kroatischen Raum, die Assentierungen, Einberufungen, Freistellungen usw. durch. Im kroatischen Kriegsministerium (Minors = Ministarstvo Oružanih Snaga) befand sich auch eine eigene deutsche Abteilung (njemački odjel). Dieser Abteilung stand vor Oberstleutnant Mattheis, Theresienritter aus dem 1. Weltkrieg, der dann später in die Handschar-Division abkommandiert wurde und beim Zusammenbruch (1945) von den Partisanen gefangengenommen und angeblich erschossen wurde. Im Jahre 1943 war Kommandant des Jägerbataillons der ehemals aktive jug. Major Strecker. Der Kommandeur der Einsatzstaffel war nominell Altgayer, in seiner Vertretung übte die eigentliche Funktion eines Kommandeurs Oberstleutnant Jakob Lichtenberger aus. Mitte 1943 ging Jakob Lichtenberger an die Ostfront zur


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Bewährung, und darin übernahm ich die Einsatzstaffel. Kurz nachher ging auch Altgayer zur Bewährung an die Ostfront.

Als ich die Einsatzstaffel übernahm, war ein Bataillon in der Gegend um Virovitica, ein Bataillon im Požeganer Kessel (Slawonien) zum Schutz der deutschen Dörfer Poretsch, Darkpwatz u. a. und ein Bataillon war in Ruma (Syrmien) mit einigen Teilen davon in den deutschen Siedlungen um Banja Luka (in Bosnien). In allen diesen deutschen Einheiten waren fast keine aktiven Offiziere, sondern nur in Jugoslawien ausgebildete Reserveoffiziere.

Im August 1943 kam der Befehl vom Reichsführer-SS Himmler, daß die drei Bataillone der Einsalzstaffel sowie das in Rurna stationierte Jägerbataillon der Division "Prinz Eugen" zu übergeben seien. Die feierliche Übergabe der Einsatzstaffel fand in Esseg im August 1943 und die feierliche Übergabe des Jägerbataillons in Ruma selbst statt. Volksgruppenführer Altgayer gab mir den Befehl, aus älteren Jahrgängen, die zurückblieben und nicht zur Prinz-Eugen-Division kamen, eine neue Einsatzstaffel aufzustellen. Die der Prinz-Eugen-Division übergebenen Bataillone der Einsatzstaffel und das Jägerbataillon kamen sofort ins Banat, wo die Ersatzabteilung der Prinz-Eugen-Divisiou lag. Hier wurden sie umgeschult und kamen dann zu der einzelnen Prinz-Eugen-Einheiten zur Auffüllung.

Noch während die Neuaufstellung der Einsatzstaffel im Gange war, kam Gen.-Major und Gruppenführer Kammerhofer mit einem Stab von deutschen Gendarmerieoffizieren, SD und anderen Angehörigen von Spezialdiensten nach Esseg mit dem Befehl, eine Gendarmerie und Feldpolizei in Kroatien aufzustellen. Von der im Entstehen begriffenen neuen Einsatzstaffel nahm er sich die zurückgebliebenen Offiziere und älteren Mannschaften, die hauptsächlich als Dolmetscher zu fungieren hatten. In Aufrufen wurden die Kroaten aufgefordert, zur Feldgendarmerie einzutreten. (Kammerhofer wurde später Obergruppenführer bzw. Generalleutnant der Polizei. Soviel mir bekannt, hat er ab Oktober 1944 teilweise auch die Umsiedlung aus Syrmien geleitet.)

Als ich im Mai 1942 nach Peterwardein kam, um ein kroatisches Luftwaffen-Bataillon zu übernehmen, war in der Fruška Gora die Partisanentätigkeit im Aufflammen. Sie wirkten in kleinen Gruppen, wurden wahrscheinlich zentral von einer kommunistischen Führung gelenkt, machten die Straßen unsicher, griffen kleinere Gendarmerieposten an, einmal da, einmal dort. Die Partisanen rekrutierten sich hauptsächlich aus den Gemeinden der Fruška Gora: Čortanovci, Neštin, Susek, Grgurevci usw. Zum Teil erhielten diese Partisanengruppen auch Verstärkung aus den serbischen Bevölkerungsteilen des Banats und hauptsächlich der Batschka, die ja von Ungarn besetzt war. Immer wieder wurden Vergeltungsaktionen gestartet mit kroatischen und deutschen Truppen, die aber oft ins Leere schlugen. Ein deutsches Grenadierregiment lag 1942-43 in Ruma, das oft Gegenaktionen organisierte. Eine ganze Reihe von serbischen Dörfern hatte diesen Partisanenkampf aktiv oder passiv unterstützt. In den Dörfern konnte man nie Auskunft bekommen, wer von den Einwohnern bei den Partisanen tätig war und wo sie sich aufhielten. Schon die kleinsten Kinder waren eingeweiht, was sie sagen durften und was nicht, obwohl man wußte, daß sich die Parti-


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sanen im Dorf Wäsche und Verpflegung holten. Die Partisanen waren gegen Verrat besonders streng und rotteten in Einzelfällen, wo es zu Verrat gekommen ist, die ganze Familie aus. Es gab Partisanen, die mit den Waffen im Einsatz waren, aber es gab auch "Dorfpartisanen", die z. B. kilometerweit Telegraphenstangen umlegten. Es war dies eine Art Hilfstruppe der kämpfenden Partisanen. Sie zerstörten Straßen, Brücken, legten Fallen und wurden dann nach Bedarf zu kämpfenden Gruppen eingezogen. Die Partisanen hatten eine gut funktionierende Organisation. Bei den gefallenen Partisanenführern fanden wir oft Broschüren und eine Zeitschrift, die vierzehntägig erschien und irgendwo in Syrmien gedruckt wurde. Die Druckerei konnte aber niemals ermittelt werden.

Im ganzen syrmischen Raum, besonders entlang der Donau und Sawe, im Gebiet Obrež, Kupinovo, Ogar. waren weder kroatische noch deutsche Truppen. Die kleinen Gendarmeriestationen waren zum Teil liquidiert und wurden nicht mehr aufgestellt. Trotz vereinzelter drakonischer Vergeltungsmaßnahmen ist es niemals gelungen, die Partisanentätigkeit einzudämmen. Es war ein großes Gebiet mit vielen serbischen Dörfern. Wenn solche Vergeltungsaktionen eingeleitet wurden, hat man das schon vorher durch Verrat in den Partisanendörfern gewußt. Ihr Nachrichtendienst hat vorzüglich geklappt, da sie überall Helfer hatten, sogar bei den höchsten kroatischen Dienststellen. Die Partisanen hatten auch eine regelrechte weltanschauliche Schulung. Meist nachts wurden sie in den Dörfern zu Vorträgen gemeinsam zusammengerufen, zumeist in einem großen Wirtschaftsgebäude. Sie wurden auf Stalin vereidigt.

Zeitweise war in diesem syrmischen Gebiet im Jahre 1944 auch eine Kosaken-Division eingesetzt (General Pannwitz, der später an die Russen ausgeliefert und in Moskau erschossen wurde). Anfang? war die Taktik der Kosaken folgende: sie trommelten die männliche Bevölkerung eines Dorfes zusammen und fragten jeden einzelnen, wer von ihnen bei den Partisanen sei oder etwas von ihnen wüßte. Erhielten sie auf dreimaliges Fragen keine Antwort, so wurden die erstbefragten Leute an Ort und Stelle erschossen. Sie bekamen mit diesen Methoden aber auch nicht viel heraus. Auch vergewaltigten sie oft in den Dörfern Frauen und besoffen sich. Man zog sie dann zur Bahnsicherung Zagreb-Beograd heran, und das funktionierte dann. Es geschah ab diesem Zeitpunkt kein Attentat oder Sabotage mehr auf dieser Strecke.

In der ersten Zeit nach 1941 haben sich in Kroatien, Syrmien und Slawonien und sogar in Bosnien gewisse junge Leute, hauptsächlich Volksdeutsche, freiwillig zur Waffen-SS gemeldet. Sofern sie den rassischen und gesundheitlichen Voraussetzungen entsprachen, sind diese nach Deutschland gekommen. Darunter waren auch viele Kroaten. Die späteren Einziehungen waren dann regelrechte Rekrutierungen mit Gestellungsbefehlen. Es war dies eine Abmachung zwischen Deutschland und dem Selbständigen Staat Kroatien (NDH) 1 . Auch Pferde wurden von den Deutschen auf Grund dieser Abmachung eingezogen bzw. aufgekauft.


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