Nr. 13: Vorbereitende Maßnahmen der Eisenbahnverwaltung zur Durchführung des Evakuierungsplanes im Banat, Scheitern des Vorhabens wegen mangelnder Ausnutzung der gegebenen Möglichkeiten zur Flucht mit der Eisenbahn und wegen Unterbrechung der Verbindungen durch den schnellen Vormarsch der Roten Armee.

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Bericht des DipI.-Ing. Hans Kerbel aus Groß-Betschkerek (Veliki Bečkerek) im Banat.

Original, 6. Oktober 1953, 3 Seiten, mschr.

Das ganze Eisenbahnwesen des Banats und Serbiens unterstand damals sachlich der Wehrmachtverkehrsdirektion Südost in Belgrad. Dieser Dienststelle gegenüber hatte ich als Direktor der Zweigstelle der Staatsbahndirektion in Betschkerek die Wünsche des Banats bezüglich des Eisenbahnverkehrs zu vertreten. Ich muß feststellen, daß ich dabei immer volles Verständnis gefunden habe und daß unsere Wünsche im Rahmen der kriegsbedingten Möglichkeiten weitestgehend erfüllt wurden. Standen uns doch während der ganzen Besatzungszeit schlesische Steinkohlen zur Aufrechterhaltung auch eines einigermaßen befriedigenden Personenverkehrs im Banat zur Verfügung.

Mit dem Beginn der Evakuierung der Deutschen aus dem rumänischen Banat 1 wurden unsererseits die Garnituren der zwischen Weißkirchen und Betschkerek verkehrenden Züge durch weitere Wagen verstärkt. Dadurch sollte die Aufnahmefähigkeit dieser eine weite Strecke entlang der rumänischen Grenze rollenden Züge für Flüchtlinge aus Rumänien erhöht werden. Um Wartezeiten und das Umsteigen bzw. Umladen zu vermeiden, wurden die aus Weißkirchen kommenden Züge nach Aufnahme der mit der Schmalspurbahn Zerne-Betschkerek eingetroffenen Flüchtlinge über Betschkerek hinaus bis Titel gefahren. Es gab also zu dieser Zeit außer der fahrplanmäßigen Früh- und Abendverbindung die eben erwähnte zusätzliche Reisemöglichkeit mit der Eisenbahn von Betschkerek nach Titel. Ich kann mich aber noch deutlich erinnern, daß die gebotenen Möglichkeiten recht spärlich genützt wurden.

Alle Banater Züge verkehrten fahrplanmäßig so lange, bis die Strecken vom Feind gesperrt wurden. Als Grenzübergänge nach Ungarn kamen für Eisenbahnreisende Titel und Szöreg in Betracht. Außerdem konnte die Theißfähre bei Neu-Betsche benützt werden.


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Außer den geschlossenen Güterwagen, welche die Wehrmachtstellen für sich beanspruchten, konnte die Zweigstelle der Staatsbahndirektion in Betschkerek über alle übrigen im Banat befindlichen Eisenbahnwagen nach eigenem Ermessen verfügen. Mit der Volksgruppenführung war abgesprochen, beim Eintreten höchster Gefahr sämtliche vorhandene Züge mit Flüchtlingen, die über keine Straßenfahrzeuge verfügen, zu beladen und nach Ungarn zu fahren. Zugs- und Lokomotivpersonal deutscher und ungarischer Volkszugehörigkeit stand dazu in ausreichender Zahl zur Verfügung. Kranke und Schwangere sollten in einem Zug zusammengefaßt werden und ärztlich gut betreut werden. Als Ambulanz sollte ein Salonwagen an diesen Zug angehängt werden.

Doch dazu kam es nicht mehr. Dadurch, daß militärische Stellen einen rechtzeitigen allgemeinen Aufbruch verhinderten, konnten die Russen vorher sowohl Szöreg wie den Bahnhof Betschkerek-Fabrik erreichen und den Zugverkehr unterbinden. Und so geschah es, daß sämtliches rollendes Eisenbahnmaterial zurückgeblieben ist und die Eisenbahner, die mit den Zügen noch viele Volksgenossen in die Freiheit hätten bringen sollen, mit mir zusammen zu Fuß oder auf Fahrrädern, ohne noch etwas mitnehmen zu können, in letzter Stunde über die von der Volksgruppenführung errichtete Theißbrücke bei Aradac flüchteten.