c. Kirche und Schule.

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Daß das rumänische Deutschtum die ersten Nachkriegsjahre überhaupt überstehen, daß es gewisse Positionen, besonders im kulturellen Leben, halten oder zurückgewinnen konnte, ist vor allem dem Wirken der Kirchen zu danken, denen die demokratischen Sprecher der Volksdeutschen, Landeskirchenkurator Dr. Hans Otto Roth in Siebenbürgen wie der ehemalige katholische Abgeordnete Dr. Franz Krauter im Banat, eng verbunden waren. In der Evangelischen Landeskirche A. B. war mit dem Hermannstädter Stadtpfarrer und Bischofsvikar Dr. Friedrich Müller am 15. Februar


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1945 einer der unversöhnlichsten Gegner der nationalsozialistischen Volksgruppe zum Landesbischof gewählt worden67; die Bestätigung der Wahl war eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Groza. Bischof Müller hat es durch seine Politik in den folgenden Jahren verstanden, der Evangelischen Kirche eine relativ gesicherte Stellung innerhalb des neuen Staatswesens zu verschaffen. Man hat Dr. Müller, nicht zuletzt auf Grund seines guten persönlichen Verhältnisses zu Groza, den Vorwurf der Kollaboration nicht erspart; dennoch ist es seiner Arbeit zuzuschreiben, daß seine Kirche, wenigstens bis 1947, die Trägerin des sächsischen Schul- und Kulturlebens bleiben konnte. Im März 1946 erhielt sie die Erlaubnis, ein eigenes Wochenblatt68 herauszugeben, das ebenso wie die Mitteilungen des Hermannstädter Brukenthal-Museums69 bis Ende 1947 erscheinen konnte. Es zeugte für die noch ungebrochene Kraft der Kirche, daß sie im Sommer und Herbst 1946 zu Hilfsaktionen für die Volksdeutschen Nord-Siebenbürgens und für dobrudscha-deutsche Rückkehrer aufrufen konnte70. Sehr viel schwieriger war schon damals die Lage der als „kosmopolitisch” geltenden römischkatholischen Kirche, wenn auch die schwäbischen Bischöfe, Dr. Augustin Pacha in Temeschburg und der apostolische Administrator von Sathmar und Großwardein, Mgr. Johann Scheffler, zunächst noch ungestört amtieren konnten.

Ausschließlich der Kirche war es zu danken, wenn — besonders in Siebenbürgen — in vielen Orten schon kurz nach Kriegsende neben der deutschen Predigt71 auch wieder deutscher Schulunterricht erteilt werden konnte. Die Evangelische Landeskirche hatte ihre Schulen in Siebenbürgen nach der Aufhebung der Deutschen Volksgruppe wieder übernommen. Viele Schulgebäude waren freilich zunächst beschlagnahmt, waren mit Lazaretten belegt oder wurden von rumänischen Schulen in Anspruch genommen. Die Honterus-Schule in Kronstadt war Krankenhaus; in der Hermannstädter Brukenthal-Schule (deutsches Gymnasium) wurde eine rumänische Hoch- und Tiefbau-Mittelschule, in der Temeschburger ‚‚Banatia” eine medizinische Akademie „23. August” untergebracht, die später zur medizinisch-pharmakologischen Fakultät der Universität ausgebaut wurde. Die zunächst noch freigestellte deutsche Mädchenoberschule in Kronstadt wurde später Sitz einer rumänischen Forstakademie. Überdies fehlte es nach der Verschleppung vielerorts an Lehrkräften. Trotz aller Schwierigkeiten wurde jedoch,


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zum Teil in Kirchenräumen, Pfarrhäusern und Privatwohnungen, zum Teil in zur Mitbenutzung freigegebenen rumänischen Schulen, deutscher Unterricht abgehalten72.

Mußten im Schuljahr 1945/46 dennoch zahlreiche deutsche Kinder, vor allem im Banat. rumänische Schulen besuchen, wobei ihnen zum Teil zwei bis drei Wochenstunden in deutscher Sprache zugebilligt wurden73, so kam ,es bereits im Frühjahr 1946 zu einer systematischen Neuordnung auch des staatlichen deutschen Schulwesens. Mit Wirkung vom 1. April 1946 wurden im Banat 169 deutsche Lehrer und Lehrerinnen, die vom zentralen Säuberungskomitee überprüft waren, „reinkadriert”, d. h. ins Lehramt zurückberufen74. Um die Jahreswende 1946/47 wurde eine zweite Liste mit 78 Namen veröffentlicht, wobei zum Teil auch Lehrkräfte der ehemaligen katholischen Konfessionsschulen in den Staatsdienst übernommen wurden75, Bis zum 1. September 1947 sollten in allen deutschen Gemeinden deutschsprachige Schulen mit deutschen Lehrern eröffnet werden76. Das Programm konnte nicht voll verwirklicht werden. In vielen Gemeinden wurden nur vierklassige deutsche Sprachzüge innerhalb der rumänischen Volksschulen geschaffen, die überdies zahlreiche rumänische Pflichtstunden zu absolvieren hatten, zum Teil auch von rumänischen Lehrkräften unterrichtet wurden77. Dennoch konnte man gerade im deutschen Schulwesen gegen Ende 1947 — unter den besonderen Bedingungen des Regimes — durchaus von einer Konsolidierung reden78.