c. Umsiedlungen innerhalb des Landes.

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Eine mittelbare Folge der rücksichtslos verwirklichten kommunistischen Wirtschaftspläne waren letztlich auch die rumänischen Zwangsumsiedlungen der Jahre 1951/52, von denen die Volksdeutsche Bevölkerung besonders stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Dem versöhnlicheren Charakter, der die Politik des volksdemokratischen Rumänien gegenüber den Volksdeutschen seit 1948/49 bestimmt, widersprachen diese Aktionen freilich nur scheinbar, da sie in ihrem Ansatz nicht national, sondern wirtschaftlich-sozial bestimmt waren.

Die seit 1949 ständig verschärfte Kollektivierungs-Kampagne in der Landwirtschaft, die auch andernorts in Rumänien auf Widerstand gestoßen war, hatte im Banat im Winter 1950/51 zu, regelrechten Unruhen geführt68. Angesichts der außenpolitischen Lage kurz nach dem Höhepunkt der Tito-Krise mögen in der Sperrzone des jugoslawischen Grenzgebiets auch militärische Erwägungen für eine Ausschaltung derartiger Unsicherheitsfaktoren geltend gemacht worden sein. Die im Juni 1951 fast schlagartig einsetzenden Evakuierungen erfaßten die Landgemeinden eines 35 bis 50 km breiten Gebietsstreifens entlang der rumänisch-jugoslawischen Grenze, wobei die Städte Temeschburg und Arad ausgespart wurden69.


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Die Aktion war sorgfältig vorbereitet und folgte im wesentlichen dem Schema der Deportationen von 1945. Die örtlichen Volksräte hatten Listen aufgestellt, in die vor allem enteignete Groß- und Mittelbauern, daneben aber auch sonstige Einwohner, die als politisch unzuverlässig galten, aufgenommen wurden70. Kurzfristig eingerückte Securitate- und Miliz-Einheiten71 sperrten die einzelnen Ortschaften einige Zeit vor Anlaufen der Aktion ab; Kommandos benachrichtigten die betroffenen Familien, die im allgemeinen nur wenige Stunden Zeit hatten, um ihre Habe zu verpacken und in die bereitgestellten Waggons zu verladen72. Die Mitnahme des noch vorhandenen Eigentums war allerdings in fast unbegrenztem Umfang erlaubt; selbst Vieh konnte vielfach mitgeführt werden, wobei für die zurückgelassenen Besitztümer nach Inventarisierung eine Pauschalabfindungssumme gezahlt wurde73. Gelegentliche Übergriffe und Ungenauigkeiten müssen wohl den örtlichen Behörden zur Last gelegt werden74. Im allgemeinen konnten sich die Transportzüge, in denen zumeist ein Waggon pro Familie zur Verfügung stand, noch am Tage der Aushebung nach Osten in Bewegung setzen75.

In den vordem fast rein deutschen Bauerndörfern der schwäbischen Heide östlich Temeschburg war der Anteil der Schwaben unter den Deportierten besonders hoch. Aus Hatzfeld allein sollen etwa 1000 deutsche Familien verschickt worden sein76, für das gesamte Banat wird die Zahl der im Juni 1951 umgesiedelten Schwaben auf 30 000 bis 40 000 angesetzt77. Von einer Beschränkung auf die Volksdeutschen, wie das im Jahre 1945 der Fall war, konnte jedoch nun keine Rede sein. Wie die Schwabendörfer wurden auch das bulgarische Altbeschenowa und besonders die zahlreichen serbischen Gemeinden der Grenzzone von den Evakuierungen erfaßt78. Madjaren und einzelne Tschechen wurden ebenso wie eine große Anzahl rumänischer Kulaken, ja sogar ein Teil der neuangesiedelten Flüchtlinge aus Bessarabien und der Bukowina von den Umsiedlungen


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betroffen79, die entlang der Grenze, nach Turmi Severin hin, auch in fast nur rumänisch besiedeltes Gebiet übergriffen80.

Kleinere Gruppen Jugoslawien-deutscher Flüchtlinge wurden aus den Grenzgemeinden lediglich in weiter landeinwärts gelegene Orte, des Nordost-Banats übergeführt81. Die Transportzüge der übrigen Zwangsumsiedler wurden jedoch ins Altreich geleitet. Die Mehrzahl der Deportierten wurde in die nur dünn besiedelte Bărăgan-Steppe zwischen Donau und Ialomiţa verschickt, auf deren riesigen Weizen- und Baumwollfarmen neue Kollektivdörfer entstehen sollten82. Nur Teile fanden weiter nördlich in den landschaftlich ähnlichen Bezirken des Judeţ Brâila Unterkunft83. Von Unterkunft konnte freilich zunächst kaum die Rede sein. Die Umsiedler erhielten grob vermessene Landflächen zugewiesen, auf denen sie sich zunächst provisorische Behausungen, zumeist nur notdürftig überdachte Erdhöhlen, bauen mußten84. Schwierigkeiten bereitete, auch in der Folgezeit, vor allem die Wasserversorgung. Zumeist schon nach wenigen Tagen oder Wochen wurde jedoch mit primitivsten Hilfsmitteln die Errichtung der geplanten Neusiedlungen begonnen, deren Häuser, von den Deportierten selbst in behelfsmäßig organisierter Zusammenarbeit erbaut, einschließlich Schule, staatlicher Verkaufsstelle und Miliz-Station, im allgemeinen noch vor Einbruch des Winters unter Dach waren85. Die Arbeitsfähigen wurden zumeist zur Arbeit auf den Staatsgütern verpflichtet86. Im Laufe der Zeit kehrten nach den geradezu katastrophalen Anfängen in den meisten Neugemeinden einigermaßen geordnete Verhältnisse ein, wobei sich auch ein erträgliches Zusammenleben der völlig wahllos durcheinandergewürfelten Deutschen, Rumänen, Serben und Madjaren einstellte87.


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In ihrem Umfang geringer waren die Evakuierungen, die durch ein am 9. Februar 1952 erlassenes Dekret verfügt wurden, um eine Entlastung der städtischen Zentren herbeizuführen88. Die rasch fortschreitende Industrialisierung im Rahmen der kommunistischen Planwirtschaft hatte besonders in Bukarest wie in den Städten Siebenbürgens zu einer Überfüllung der Städte geführt, der durch die Aussiedlung der aus dem Wirtschaftsleben ausgeschalteten Angehörigen der „Bourgeoisie” bis zu einem gewissen Grade abgeholfen werden sollte. Zur Evakuierung vorgesehen wurden die Familien der „Kriegsverbrecher” und politischen Häftlinge, sowie die Angehörigen der ins Ausland Geflohenen, weiterhin entlassene Beamte und Offiziere, enteignete Kaufleute, Industrielle und Großbauern, vorbestrafte Saboteure und Arbeitslose unter 70 Jahren. Im Gegensatz zu der ersten Kategorie, die bei Mitnahme von nur 50 kg Gepäck ihren neuen Wohnsitz zugewiesen erhielten, konnten die zuletzt Genannten mit ihrer gesamten Habe an einen frei zu wählenden Ort umziehen, der allerdings mehr als 50 km vom alten Wohnort entfernt sein mußte.

Die Durchführung der Evakuierungen begann unmittelbar nach der Verkündung des Dekrets und noch vor seiner Veröffentlichung in Bukarest89. Für den Anteil der Deutschen an den in der Hauptstadt von der Evakuierung Betroffenen, die zumeist in die Lager am Donau-Schwarzmeer-Kanal und an der Bicaz-Talsperre sowie ebenfalls in die Bărăgan-Steppe verbracht wurden, liegen Anhaltspunkte nicht vor. Nur wenige Tage später wurden jedoch auch die siebenbürgischen Städte von der Evakuierungswelle erfaßt. Besonders aus Kronstadt und den Burzenländer Bauerndörfern der unmittelbaren Umgebung wurden schätzungsweise 2000 Sachsen evakuiert90, die in ihrer Mehrzahl in Elisabethstadt, zum Teil in Mediasch, Schäßburg und kleineren Orten, sämtlich aber innerhab Siebenbürgens, Unterkunft fanden91. In kleinerem Ausmaß fanden auch in Mühlbach, Broos und anderen Städten Evakuierungen statt92, während Hermannstadt überraschenderweise fast völlig ausgenommen blieb, obwohl es 1953 wie schon vorher Kronstadt, das neue „Stalinstadt” (Oraşul Stalin), zur Arbeiterstadt erhoben wurde93.

Das Los der Evakuierten war nicht leicht, wenn auch besser als das der Bărăgan-Verschleppten. Wohnraum war auch in den Aufnahmeorten knapp,


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geeignete Arbeit nur schwer zu beschaffen, so daß die Mehrzahl in der Landwirtschaft der umliegenden Dörfer Arbeit suchen mußte94. Erst im Laufe der Jahre kam es auch hier zu einer Normalisierung. Die anfänglich strenge Beschränkung der Bewegungsfreiheit fiel, und manche fanden befriedigende Wohnungen und Anstellungen, so daß sie nur zum Teil von der Rückkehrerlaubnis, die ihnen ebenso wie den Banatern im Bărăgan 1955 erteilt wurde. Gebrauch machten95.