Anlage l: Die Karlsburger Beschlüsse.

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(Teilabdruck)

DieBeschlüsse der rumänischen Nationalversammlung in Karlsburg (Alba Iulia) vom 18. November 1918.

I. Die Nationalversammlung aller Rumänen aus Siebenbürgen, dem Banat und Ungarn, die durch ihre beglaubigten Vertreter am 18. November (1. Dezember) 1918 in Karlsburg versammelt sind, beschließen die Vereinigung dieser Rumänen und aller von ihnen bewohnten Gebiete mit Rumänien. Die Nationalversammlung verkündet insbesondere das unveräußerliche Recht der rumänischen Nation auf den ganzen Banat, eingeschlossen von den Flüssen Maros, Theiß und Donau.

II. Die Nationalversammlung behält allen oben genannten Gebieten die provisorische Autonomie bis zum Zusammentritt der auf Grund des allgemeinen Wahlrechts gewählten Konstituanten vor.

III. Im Zusammenhang mit dieser als dem Grundprinzip für die Gestaltung des neuen rumänischen Staates verkündet die Nationalversammlung das folgende:

1. Die volle nationale Freiheit für alle mitbewohnenden Völker. Jedes Volk wird den Unterricht, die Verwaltung und die Rechtspflege in seiner eigenen Sprache durch Personen aus seiner Mitte erhalten, und jedes Volk wird das Recht der Vertretung in den gesetzgebenden Körperschaften und in der Regierung im Verhältnis der Zahl seiner Volkangehörigen haben.

2. Gleichberechtigung und volle autonome konfessionelle Freiheit für alle Konfessionen im Staate.

3. Volle Verwirklichung eines rein demokratischen Regimes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Allgemeines, gleiches, geheimes, gemeindeweises Proportionalwahlrecht für beide Geschlechter im Alter von 25 Jahren für die Vertretung in Gemeinde, Bezirk oder Parlament.

4. Vollständige Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit volle Gedankenfreiheit.

5. Durchgreifende Agrarreform. Aufstellung eines Katasters über den gesamten Grundbesitz und insbesondere über die großen Landgüter. Es soll auf der Grundlage dieser Kataster durch Auflösung der Majoratsgüter und das Recht, die großen soweit notwendig zu verkleinern, den Bauern ermöglicht werden, wenigstens so viel Land (Ackerland, Weide und Wald) zu erwerben, wie sie mit ihren Familienangehörigen bearbeiten können. Das leitende Prinzip dieser Agrarpolitik ist das des sozialen Ausgleichs bei gleichzeitiger Steigerung der Produktion.

6. Sicherstellung derselben Rechte und Vorteile für die Industriearbeiter, wie sie durch die Gesetzgebungen in den meisten fortschrittlichen Staaten des Westens gewährleistet wird.


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IV. Die Nationalversammlung gibt ihrem Wunsche Ausdruck, der Friedenskongreß möge die Gemeinschaft der freien Nationen in solcher Weise zustande bringen, daß das Recht und die Freiheit für alle Nationen, groß und klein, in gleicher Weise gesichert sei und daß in Zukunft der Krieg als Mittel für die Regelung der internationalen Beziehungen ausgeschaltet sei.

V. Die in der Nationalversammlung versammelten Rumänen begrüßen ihre Brüder aus der Bukowina, die von dem Joch Österreich-Ungarns befreit und mit dem Mutterland Rumänien vereinigt worden sind.

VIII. Für die weitere Führung der Angelegenheiten der rumänischen Nation aus Siebenbürgen, dem Banat und Ungarn beschließt die Nationalversammlung die Einsetzung eines großen rumänischen Nationalrates, der die volle Berechtigung haben wird, die rumänische Nation wann immer und überall allen Nationen der Welt gegenüber zu vertreten und alle Verfügungen zu treffen, die er im Interesse der Nation für notwendig halten wird.

Übersetzung aus: P. Rühlmann. Das Schulrecht der deutschen Minderheiten in Europa (1926), S. 468 f. (nach: „Gazeta Oficiala”, Nr. 3 vom 31. Dezember 1918); vgl. Zsombor de Szász, The Minorities in Roumanian Transylvania (1927), S. 405.


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