Nr. 3: Die Umsiedlung der Volksdeutschen aus der Dobrudscha im Jahre 1940; Vorbereitung, Durchführung und Ergebnis der Aktion.

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Bericht des Studienrats Otto Kielt aus C o b a d i n , Plasa Traian, Judeţ Constanţa in der Dobrudscha.

Original, 17. Mai 19561.

Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte des Dobrudscha-Deutschtums beginnt der Vf.:

Die einzelnen Vorgänge, die zu der verfrühten Umsiedlung der Dobrudschadeutschen geführt haben, können heute nicht mehr genau festgestellt werden. Bei den Bessarabien- und Nordbuchenlanddeutschen war die Umsiedlung verständlich. Diese Gebiete waren im Juni 1940 an die Sowjetunion gefallen, und die dortigen Deutschen warteten auf eine Umsiedlung ins Reich, weil sie unter den neuen Machthabern nicht mehr bleiben konnten. Bei den Dobrudschadeutschen jedoch war die Lage anders: sie gehörten dem rumänischen Staate an, und es war nicht einzusehen, warum sie ihre Heimat verlassen sollten. Mit dem Gedanken einer allgemeinen Umsiedlung hätten sich bei einer Befragung nur die wenigsten befreunden können. — Sicherlich wären die meisten Dobrudschadeutschen unter normalen Verhältnissen nicht bereit gewesen, sich umsiedeln zu lassen, wenn man mit der „Heimholung ins Reich” an sie herangetreten wäre. Diejenigen, die aus der Dobrudscha weg wollten, waren schon zum größten Teil im Sommer 1939 und Anfang 1940 durch die sogenannte Vorumsiedlung — zwischen 1600 und 1700 Personen — ins Reich gekommen. Die Voìksgruppenführung der Deutschen in der Dobrudscha sah sich in den dreißiger Jahren vor ein Problem gestellt, das sie aus eigener Kraft nicht lösen konnte. Wie sollte den landlosen deutschen Bauern in der Dobrudscha geholfen werden, die sowohl wirtschaftlich als auch völkisch gefährdet waren? Der damalige Gauleiter hatte sich deshalb für eine Auswanderung derselben nach Deutschland eingesetzt. Dort wurden Arbeitskräfte gesucht, insbesondere auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Diese Aktion wurde dann aber wieder eingestellt; es hieß, die Volksgruppe dürfe nicht weiter geschwächt werden.

Im Sommer 1940 hatte sich bei den entsprechenden Stellen über die Umsiedlung ein Für und Wider ergeben, bis dann der Befehl kam: die Dobrudschadeutschen sind umzusiedeln. Im Oktober 1940 wurde ein „Staatsvertrag” zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Rumänien zwecks Rückführung der Deutschen aus dem Südbuchenland und der Dobrudscha abgeschlossen2. Zur Ausarbeitung des Vertrages wurde kein Dobrudschadeutscher hinzugezogen, geschweige denn auch nur gehört. Das zeigt, daß die Volksdeutschen gleich von Anfang an als Objekt betrachtet wurden.


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In den letzten Tagen des Oktober wurde im Lager Stahnsdorf, Berlin, das Umsiedlungskommando Südbuchenland und Dobrudscha aufgestellt. Es war in die Gebietsstäbe Radautz, Gurahumora und Konstanza unterteilt. Das Kommando Dobrudscha traf am 30. Oktober in Konstanza ein. Hier hatte schon eine Abzweigung von dem Kommando Bessarabien gewartet, um vereint mit der Arbeit beginnen zu können. Dem Gebietsstab Konstanza gehörten fast 160 Personen an: der Gebietsbevollmächtigte, die 7 Ortsbevollmächtigten (die Dobrudscha war in sieben Ortsbezirke, Do l bis Do 7, eingeteilt worden), die Leiter der verschiedenen Abteilungen, die Taxatoren, Ärzte, Schwestern, Dolmetscher, Fahrer und die Mitarbeiter in den Stäben und in der Leit- und Verschiffungsstelle Cernavoda. Außerdem wurden nahezu 100 Dobrudschadeutsche zu einer untergeordneten Mitarbeit herangezogen, darunter der neuernannte Gauleiter als Verbindungsmann zur Volksgruppe1. Wie zu erwarten war, konnte der Gauleiter bei Entscheidung wichtiger Fragen nicht in Erscheinung treten.

Nach einer kurzen Unterweisung der Kommandomitglieder wurden die Ortsstäbler auf die Dörfer hinausgeschickt, den Leuten mitzuteilen, daß ein Kommando da sei, das die Dobrudschadeutschen umzusiedeln habe. Der Ruf des Führers ergehe jetzt auch an die Dobrudschadeutschen; es möchte doch jeder diesen Ruf hören, und wer zur Umsiedlung bereit ist, der solle sich registrieren lassen. Das Vermögen würde der rumänische Staat übernehmen, und jeder Umsiedler solle ein seinem jetzigen Besitz entsprechendes Vermögen in Deutschland erhalten.

In den Dörfern wurde in deutscher und rumänischer Sprache ein Aufruf der Volksdeutschen Mittelstelle, Abteilung Umsiedlung, angeschlagen2, der von einer Ausreise nach Deutschland sprach, der einerseits so wenig aussagte, andererseits aber doch wieder so weittragend war. In den deutschen Dörfern hatte er wie ein Blitz eingeschlagen. — „Die Umsiedlung wird in kürzester Zeit durchgeführt.” — Wenn auch in den zurückliegenden Wochen unter den Dobrudschadeutschen gerüchtweise von einer Umsiedlung gesprochen worden war, so hatte mit ihrer Durchführung doch niemand ernstlich gerechnet. Für einen Teil der Volkgruppe wäre sie noch diskutabel gewesen: für die Landlosen, für die Ärmeren; aber jetzt sollten alle gehen. Wie sollte man sich entscheiden? „Gehen wir oder gehen wir nicht?” hieß es überall. Den Besitzlosen fiel die Wahl leichter, und sie sagten: „Wir gehen!” Die Besitzenden sagten: „Wir bleiben!” Andere waren wieder unentschieden. — Was sollte gemacht werden? Wie sollte man in der kurzen Zeit, von heute auf morgen, seine Wirtschaft auflösen? Die Fragen wollten kein Ende nehmen. Und wie ist es mit den Sicherungen für uns bestellt, was hat man mit uns vor, wo kommen wir hin? Darauf gaben die Angehörigen des Umsiedlungskommandos nur verschwommene Antworten. Das bedrückte ebenfalls. — Führende Männer des Dobrudschadeutschtums kamen zu Beratungen in Konstanza zusammen. Sie wollten Klarheit, wollten Sicherheit; aber keiner war da, dem sie ihre Bedenken hätten vortragen


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können. Bei den Beauftragten für die Umsiedlung war ein derartiges Beginnen zwecklos. Ganz im Gegenteil, es löste unliebsame Reaktionen aus. — Draußen auf den Dörfern aber nahm alles seinen Lauf.

Die Ortsbevollmächtigten waren da und hatten mit ihrer Arbeit begonnen. Die Umsiedlungswilligen machten den Anfang. Es ließen sich immer mehr registrieren, und alles vollzog sich so, wie es geplant war. Diejenigen, die auf keinen Fall gehen wollten, waren plötzlich in der Minderheit. Es hatten sich Familien zusammengetan, die zurückbleiben wollten, aber sie konnten sich dann doch nicht aus der Gemeinschaft lösen: die Gemeinschaft war stärker als sie. Und auch sie gingen letzten Endes daran, zu ordnen, zu verkaufen, zu verpacken, und was gab es in jenen Tagen nicht alles zu tun!

Es war ein allgemeiner Aufbruch. Die umwohnenden Völker standen fassungslos da: „Was, ihr Deutschen wollt gehen? Ihr wollt eure schönen Häuser, Höfe und Dörfer verlassen? Das ist doch unmöglich! Wie könnt ihr nur!” Und jetzt kamen Rumänen und fragten: „Haben wir euch etwas getan? Warum geht ihr? Bleibt doch!” Führende Rumänen schalteten sich ein und versuchten, aufzuhalten — doch vergeblich.

In den Städten waren die deutschen Bauern vorherrschend, sie gaben dem Straßenbild das Gepräge. Mit ihren Fuhren waren sie hereingekommen und kauften so viel, daß es in den Geschäften bald nichts mehr zu kaufen gab: keine Koffer, Schuhe, Taschen, keine Stoffe, keinen Kaffee, Tee, keine Seife und dergleichen mehr. Sie kauften auf Vorrat. Es war ihnen gesagt worden, sie täten gut daran, wenn sie das alles mit ins Reich hinaufbrächten. — Die Kaufleute, die Juden und Griechen, die Armenier und auch die Rumänen witterten ihre Zeit für gekommen. Sie forderten Preise, die sie vorher nicht gewagt hätten zu nehmen. Jetzt war es ja möglich, die Waren gingen so und so los.

Damals, in den Tagen der Umsiedlung, war neben den vielen Sorgen und mancher Ablehnung doch auch ein anderes noch zu spüren: ein Zugetansein, ja sogar eine Begeisterung für die deutsche Sache. Der Glaube an Deutschland hat in dem Für und Wider für die Umsiedlung den Ausschlag gegeben; ohne ihn wäre es zu keinem allgemeinen Aufbruch in der Dobrudscha gekommen. Unsere Bauern haben an Deutschland und an das deutsche Volk geglaubt. Für sie war alles, was damit zusammenhing, schön und gut und groß. Deutschland, das war doch so etwas wie die Sonne am Himmel. Im Blick zur Sonne war nichts dazwischen, das Schatten geworfen hätte. So gingen die meisten Dobrudschadeutschen recht zuversichtlich aus ihrer Heimat fort. Es ging ja nach Deutschland!

Die ganze Umsiedlungsaktion verlief wie geplant, reibungslos, ein Meisterstück der Organisation. Die beiden wichtigsten Aufgaben waren die Registrierung und die Taxation. — Durch die Registrierung schieden die Dobrudschadeutschen aus dem rumänischen Staatsverband aus, hörten auf, rumänische Staatsbürger zu sein und wurden vorläufig unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt. Später sind sie im Einzelverfahren eingebürgert und deutsche Staatsbürger geworden. — Durch die Taxation wurde das Vermögen der Dobrudschadeutschen erfaßt und geschätzt. Dieses Vermögen: Grund und Boden, Gebäude, lebendes und totes Inventar, Vorräte usw. ver-


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blieb dem rumänischen Staat. Rumänien hatte sich verpflichtet, das übernommene Vermögen an Deutschland auszubezahlen. Die Zahlungen sollten in der Hauptsache durch Sachlieferungen, wie Getreide und Erdöl, erfolgen. Tatsächlich hat Rumänien im Laufe des Krieges durch direkte Lieferungen und durch Verrechnungen über die Forderungen für die in Rumänien stationierten deutschen Truppen diese Schulden zum großen Teil getilgt. Die Dobrudschadeutschen haben also das Recht, an die Nachfolger des Reiches Forderungen zu stellen.

Die Taxation des dobrudschadeutschen Vermögens ist ein recht trübes Kapitel. Erstens wurde nicht das gesamte Vermögen aufgenommen, und zweitens wurden die Umsiedler auf das gröbste übervorteilt. Die Taxatoren brachten keine Kenntnisse über Land und Leute mit und sahen all das, was nicht so war wie in Deutschland, geringschätzig an. Auf die schon zu Schleuderpreisen verkauften Stücke wurde keine Rücksicht genommen. Das Bargeld ist wohl einbezahlt, aber zu dem ungünstigsten Kurs wie nur möglich umgerechnet worden. Anstatt l : 42 mußte die Reichsmark mit 50 Lei bezahlt werden. Eine doppelte Benachteiligung also. Noch katastrophaler war die Einschätzung des Bodens. Eine einzige kurze Fahrt aufs Feld sollte dem Taxator über die Güte des Bodens Auskunft geben. Die Einstufung war dann auch danach: Bester Boden wurde als minderwertiger eingesetzt. — Die Taxatoren klebten des weiteren zu sehr an den ausgegebenen Richtlinien, sie hatten nicht den Mut, den Tatsachen entsprechend zu handeln. — Nach der Umsiedlung erschien es den verantwortlichen Stellen doch nicht ganz geheuer, wie man mit den Umsiedlern umgegangen war, und es wurde eine jetzt langwierige und kostspielige Nacherfassung und Nachschätzung durchgeführt.

Über die Mitnahme von Vermögenssachen waren im Vergleich zu anderen Gebieten viel günstigere Richtlinien vorhanden. Jedenfalls wurde von den meisten die gegebene Spanne gar nicht ausgenützt. Das Großgepäck ist auf der Donau bis Wien gekommen und dort in einem Großlager aufgestapelt worden. Als die Umsiedler nach einigen Monaten ihre Kisten und Ballen zugestellt bekamen, da fehlte vielen vieles. Es war in großem Maßstab geplündert worden. Vielleicht die Hälfte der Umsiedler kam teilweise um ihre Stoffe, Wolle, um ihren Kaffee, Tee usw. In dem Bericht über die eingeleitete Untersuchung der Wiener Gauleitung war dann auch davon die Rede, daß die Waren vor dem Verderb haben sichergestellt werden müssen! Eine Entschädigung haben die Betroffenen nie erhalten. Eine erste große Enttäuschung der Umsiedler in Deutschland!

Schon wenige Tage, nachdem das Umsiedlungskommando seine Arbeit aufgenommen hatte, wurde mit dem Abtransport der Umsiedler begonnen. Mit 24 Transportzügen, einem Treckzug aus Fachria1, einem Schiff mit Jakobsonstalern2, mit Lastkraftwagen aus den Streusiedlungen und dem Krankentransport sind die Dobrudschadeutschen zur Leit- und Verschiffungsstelle Cernavoda gebracht worden. Zwei Wochen lang dauerte die Verschiffung. Von Cernavoda ging es ausschließlich mit Schnelldampfern in


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25 Transporten bis zum Lager Semlin bei Belgrad. Man hatte alle Schnelldampfer der DDSG eingesetzt, um einem möglichen Eisgang in dieser Jahreszeit zuvorzukommen.

Der Monat November ist ja, wenn man für solch eine Aktion gutes Wetter haben will, als ausgesprochen spät anzusehen. Es war aber in jenen Tagen so, als ob die alte Heimat den Umsiedlern noch einen letzten lieben Gruß hat zukommen lassen wollen. Das Land lag fast alle Tage während der Umsiedlung im prächtigsten Sonnenscheine da. Eine herrliche Fernsicht ließ jeden noch einmal alles klar in sich aufnehmen. Ein tiefblauer hoher Himmel ergab eine besondere Weihestimmung. Wer damals durch das Land fuhr, wird diese Tage nicht vergessen können.

Die Straßen der Dobrudscha sahen in jenen Novemberwochen manch ungewohntes Bild. Da waren einmal die deutschen Autos. NSKK-Leute halfen die Aktion programmäßig, pünktlich auf die Minute, durchführen. NSV-Leute und Rote-Kreuz-Schwestern waren helfend tätig. Ein Gegenstück zum deutschen Auszug bildete die rumänisch-bulgarische Umsiedlung. Auch Bulgarien hatte mit Rumänien einen gegenseitigen Umsiedlungsvertrag abgeschlossen1. Alle Bulgaren aus der Norddobrudscha mußten in die Süddobrudscha übersiedeln und umgekehrt die Rumänen und Mazedo-Rumänen vom Süden in den Norden. Diese Umsiedler zogen mit ihrer beweglichen Habe nur mühsam auf Ochsen- und Pferdegespannen auf den Straßen dahin. Es fehlte ihnen jegliche Unterstützung. — In manchen Dörfern sind die Mazedo-Rumänen sofort nach Weggang der Deutschen in deren Häuser eingezogen, gleich drei bis vier Familien auf einmal. Die andere Lebensweise dieser Umsiedler hat es mit sich gebracht, daß Haus und Hof anderen Bestimmungen zugeführt wurden wie bisher. Manche Dörfer aber blieben vorerst noch leer. Sie wurden lediglich von einigen Soldaten bewacht, die gleichzeitig für die Versorgung der zurückgelassenen Tiere verantwortlich waren. Kam man in ein verlassenes deutsches Dorf zurück, so hatte man die unwirklichsten Erlebnisse. Hunde und Katzen sprangen vor dem Besucher lautlos davon, die Pferde stampften vor den angefressenen Krippen und schauten den Eintretenden groß an, Kühe standen auf hohen Kürbishaufen, die Hühner saßen reglos unter dem Maisstall, die Türen waren verschlossen, nichts regte sich, es fröstelte einem im schönsten Sonnenschein, und nur am Dorfende traf man auf der Rückkehr zwei Posten, und das waren in dem einen Fall Siebenbürger Sachsen in rumänischer Uniform.

Um den Vorgang der Umsiedlung in Wort und Bild festzuhalten, waren dem Kommando auch Berichterstatter beigegeben. Die meisten der damals geschriebenen Berichte sind aber so einseitig gefärbt, daß man sie heute nur noch kopfschüttelnd lesen kann. — Die Archivsachen, Kirchenbücher, Volksratsakten wurden gesammelt und mit verschiedenen Ausstellungsgegenständen nach Berlin gebracht. Dort wurde einiges auf einer Ausstellung gezeigt. Die Kirchenbücher kamen in der Folgezeit nach Bromberg, wo sie


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im Januar 1945 liegen blieben, und die Ausstellungsstücke in ein Museum nach Posen; auch sie sind verlorengegangen. Nur wenige dobrudschadeutsche Urkunden sind von Privatpersonen mitgenommen worden, die aber ebenfalls fast restlos verlorengegangen sind.

Am 28. November 1940 war die Umsiedlung ans der Norddobrudscha abgeschlossen. 13 979 Personen waren über den Leithafen Cernavoda donauaufwärts abtransportiert worden. Knapp über zwei Prozent Deutsche waren in der Dobrudscha zurückgeblieben. In der Hauptsache handelte es sich bei diesen um Nicht-Umsiedlungswillige. — Der Vorhang war über fast genau 100 Jahre deutschen Lebens in der Dobrudscha gefallen.

Im Durchgangslager Semlin wurden die Dobrudschadeutschen alle noch einmal gesammelt. Von dort ging es auf der Bahn bis Graz, von wo die einzelnen Gemeinden auf die Umsiedlerlager verteilt wurden. In über 100 Lagern wurden die Dobrudschadeutschen untergebracht. Do l bis Do 3, die Norddobrudscha, kam in den Gau Mainfranken. Die Bevölkerung von Do 4 bis Do 7, mittlere Dobrudscha, in den Gau Niederdonau. Die Dorfgemeinschaften hörten auf zu bestehen. Bitten um Zusammenführungen wurden nicht berücksichtigt.

Die Lagerzeit war schwer. Manche Tragik spielte sich hier ab. Die Unterbringung war meistens schlecht, weil oft mehrere Familien in einem größeren oder kleineren Raum zusammengepfercht worden waren. Monatelang, ja sogar jahrelang dauerte diese Lagerzeit, für einige bis 1945. Diejenigen, die auf Arbeit gehen konnten, waren wenigstens dem trübseligen Lagerleben entzogen. Die Militärpflichtigen waren allerdings schon nach einigen Wochen eingezogen worden. Viele der eingesetzten Lagerführer waren verkommene Leute, die den Insassen das Lehen noch schwerer machten. Bei ihnen waren Unterschlagungen an der Tagesordnung. Die Dobrudschadeutschen waren einem Apparat ausgeliefert, vor dem sich ihnen nirgends Schutz bot. Die Bauern erlebten damals eine Enttäuschung, die nie wieder gutzumachen war. Immer wieder hörte man: „Wenn wir gewußt hätten, was uns erwartet, so wären wir nicht gekommen.”

Im Sommer 1941 wurden sie durchgeschleust, d. h. im Einzelverfahren eingebürgert. Sogenannte „Fliegende Kommissionen” der Einwandererzentrale Litzmannstadt [Lodz] ließen den einzelnen durch eine Reihe von Stellen laufen und händigten ihm am Ende die Einbürgerungsurkunde aus. Damit war der Umsiedler deutscher Staatsbürger geworden.

Bis Ende 1944 waren über 15000 Dobrudschadeutsche angsiedelt worden. Im Wartheland, in den Regierungsbezirken Hohensalza und Litzmannstadt 4500, im Protektorat Böhmen-Mähren 9000, in der Südsteiermark 500, im Altreich, Lothringen und Galizien 1000, und 1945 waren noch viele dobrudschadeutsche Umsiedler in den Umsiedlerlagern. Heute leben die Dobrudschadeutschen in einer Zerstreuung größten Ausmaßes: in West- und Mitteldeutschland, in Österreich und Rumänien, in Frankreich und in Übersee. In der Dobrudscha selbst dürften noch einige hundert Landsleute vorhanden sein; allerdings ist ihre Zahl vermehrt worden durch Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen.


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