Nr. 17: Die Vorgänge in Hermannstadt nach dem 23. August 1944; die Internierung aller politisch, wirtschaftlich oder kulturell führenden Volksdeutschen; Unterbringung und Behandlung der Internierten im Lager Târgu-Jiu.

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Erlebnisbericht des R. P. aus Hermannstadt (Sibiu) in Süd-Siebenbürgen.

Original, 5. März 1952, 16 Seiten, mschr., Teilabdruck.

Der Vf. berichtet eingangs über die Auswirkungen der rumänischen Kapitulation auf seine berufliche Tätigkeit und fährt dann fort:

Bei der Bevölkerung und ebenso bei den rumänischen Behörden herrschte in den ersten Tagen nach dem 23. August die Überzeugung vor, daß die deutschen Truppen wieder vorstoßen und zumindest Siebenbürgen besetzen würden. Die Behörden befolgten infolgedessen zwar die Bukarester Weisungen, aber darüber hinaus enthielten sie sich jeder Unfreundlichkeit gegenüber den Volksdeutschen, weil sie deutsche Repressalien befürchteten und überdies zur Mehrheit den Russen mit Angst und Haß begegneten.

Wie mir rumänische Offiziere erzählten, schwankten die führenden militärischen Stellen in Hermannstadt, an ihrer Spitze Armeegeneral Macici, ob sie den Sowjetkurs mitmachen oder sich auf die Seite der Deutschen schlagen sollten. General Macici mußte damit rechnen, daß er insbesondere für das rumänische Judenmassaker in Jassy verantwortlich gemacht werde. Demgegenüber entschied aber seine Überzeugung, daß die Deutschen den Krieg nicht mehr gewinnen könnten. Er spielte daher die Rolle des königstreuen Generals, gewährte aber den anwesenden deutschen Truppen freien Abzug.

Die deutschen Truppen in Hermannstadt sowie die auf Urlaub anwesenden Angehörigen der deutschen Wehrmacht und der Waffen-SS bezogen im Stadtkern um die Standortkommandantur eine Igelstellung. Der Standortälteste, ein Kavallerieoberst, erzählte mir, daß er keine Verbindung mit seinen vorgesetzten Stellen habe. Am 25. August, einige Stunden vor Ablauf der von den Rumänen gewährten Räumungsfrist, erhielt er den Räumungsbefehl und überschritt noch in derselben Nacht mit seiner Marschkolonne mit voller Ausrüstung die ungarische Grenze, wie mir später in Hermann-Stadt erzählt wurde.

Das Verhalten der rumänischen Offiziere gegenüber ihren bisherigen deutschen Kameraden war uneinheitlich. Während rumänische Truppen im Petroleumgebiet die deutschen Einheiten umzingelt, angegriffen und entwaffnet hatten, kam es in Hermamistadt zu keinerlei Zusammenstößen. Die Offiziere der Kavalleriespezialschule in Hermannstadt gaben den scheidenden deutschen Offizieren ein Abschiedsfest, bei dem mehrere der Rumänen beteuerten, wie mir ein Teilnehmer erzählte, daß sie entschlossen seien, Selbstmord zu begehen, weil sie die dem rumänischen Offizierskorps durch den Stellungswechsel Rumäniens angetane Schmach nicht überleben könnten. Von der Durchführung solcher Selbstmorde ist mir nichts bekannt geworden.

Der Standortälteste der Wehrmacht hatte sich etwa am 25. August an den Kreisleiter der Deutschen Volksgruppe in Hermannstadt mit der Auf-


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forderung gewandt, den Selbstschutz der deutschen Volksgruppe, der übrigens unbewaffnet war, zur Verteidigung der Wehrmachtspositionen zur Verfügung zu stellen. Der Kreisleiter lehnte ab1. Er begründete in einem Gespräch mit mir diese Maßnahme damit, daß er den Abzug der deutschen Truppen erwarte und die zurückbleibenden Angehörigen der Volksdeutschen nicht noch schwereren Repressalien aussetzen wolle, als ohnehin schon zu befürchten sei. Der Kreisleiter vertrat weiterhin den Standpunkt, daß die führenden Amtswalter der Volksgruppe nicht flüchten dürften, weil sie dadurch die Verantwortung auf die kleinen Amtswalter und auf die breite Masse der Volksdeutschen abwälzen würden.

Die Stimmung der Volksdeutschen Bevölkerung war besorgt, ohne daß sich ein Wechsel ihrer deutschen Gesinnung oder Spuren einer Zustimmung zum sowjetischen Kurs des neuen Regimes gezeigt hätten.

Ungefähr eine Woche nach dem 23. August wurden in Hermannstadt die Amtswalter der Deutschen Volksgruppe vom Ortsgruppenleiter aufwärts (in Hermannstadt 16 Ortsgruppen) sowie die Amtswalter der reichsdeutschen NSDAP ausnahmslos verhaftet. In den übrigen Städten mit deutscher Bevölkerung war das Verhaftungssystem uneinheitlich. Es scheint ein Befehl, die „führenden” Männer der Volksgruppe zu verhaften, von der Polizei verschieden ausgelegt worden zu sein. In Kronstadt, dem Sitz der Volksgruppenführung, wo die höheren örtlichen Amtswalter mit der deutschen Wehrmacht geflüchtet waren, während die Spitzen der Volksgruppe in Berlin weilten, wurde eine Schicht tiefer gegriffen, vind es wurden selbst Zellenleiter und kleine Referenten festgenommen. In Orten des rumänischen Altreiches und im Petroleumgebiet betrafeil die Verhaftungen auch einzelne Volksdeutsche, die keinerlei politische Tätigkeit ausgeübt hatten, besonders dort, wo sie vereinzelt unter Rumänen lebten. Auch begann schon in diesen Tagen das später von der rumänischen Sicherheitspolizei zur Virtuosität entwickelte System, begüterte Volksdeutsche vorübergehend zu verhaften und sie dann nach Bezahlung von Bestechungsgeldern vorübergehend auf freien Fuß zu setzen, um sie unter einem neuen Vorwand erst recht wieder zu verhaften.

Ich blieb von der ersten Verhaftungswelle unberührt, hielt mich jedoch bereit. Flüchten wollte ich nicht, um meine Familie nicht Repressalien auszusetzen. Es erwies sich allerdings später, daß an Sippenhaft gemahnende Maßnahmen bis zur Übernahme der ganzen Staatsmacht durch die Kommunisten nicht vorkamen.

Etwa am 5. September wurde ich auch verhaftet. Der Vf. erwähnt seinen mutmaßlichen Denunzianten und jährt fort: Meine Verhaftung nahm ein junger, höflicher Polizeikommissar vor, der offensichtlich vom Hermannstädter Polizeipräfekten zu besonderem Entgegenkommen veranlaßt worden war. Die mit der Verhaftung verbundene Hausdurchsuchung nach Waffen nahm er bloß symbolisch durch das Öffnen von zwei Schranktüren vor und ließ mich einen Revers unterschreiben, wonach die Hausdurchsuchung korrekt und ohne Ungesetzlichkeiten vor sich gegangen sei. Möglicherweise wollte der Polizeipräfekt mir die Möglichkeit zur Flucht geben. Er wie alle


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übrigen noch im Dienste stehenden Polizeibeamten waren durch ihre früheren Maßnahmen gegen Kommunisten belastet. Sie rechneten mit einer zumindest vorübergehenden Wiederkehr der deutschen Wehrmacht und wollten sich offensichtlich nicht durch eine schlechte Behandlung Volksdeutscher belasten. Ein Verhör der Verhafteten erfolgte nicht, und auch weiterhin erfolgte in der Zeit bis zu unserem Abtransport nach Rußland keinerlei behördliche Befragung oder Untersuchung irgendeines Verhafteten. Die nach dem September vorgenommenen Verhaftungen unterlagen der Genehmigung einer von allen Regierungsparteien beschickten Kommission in Hermannstadt, mit der parallel wahrscheinlich ähnliche Kommissionen in anderen Städten des Landes amtierten.

Die Hermannstädter Verhafteten (etwa 50 Personen), darunter eine Frau (Fräulein K., die Frauenreferentin der Hermannstädter Kreisleitung war), wurden im sogenannten Diasporaheim der evangelischen Kirche von einer rumänischen Infanterieeinheit unter dem Kommando eines deutschfeindlichen, unfreundlichen Reserveleutnants untergebracht. Übergriffe des Leutnants erfolgten nicht. Die unmittelbare Kontrolle über die Gefangenen hatte ein Polizeikommissar, der sichtlich bemüht war, uns allerlei Erleichterungen zu bieten, den Besuch von Angehörigen zu begünstigen und das Hereinbringen von Liebesgaben und alkoholischen Getränken nicht zu unterbinden. Die deutsche Frauenorganisation Hermannstadt richtete im Nebengebäude eine Küche ein und verpflegte die Verhafteten vorzüglich. Einige Male wurden wir unter Eskorte zum Transport von Betten in russische Lazarette beordert. Die deutsche männliche Bevölkerung wurde im übrigen alltäglich von der Polizei für Arbeiten zugunsten militärischer Zwecke der Russen, so z. B. am Flugplatz eingesetzt. Die Volksdeutschen Frauen wurden in der Folge regelmäßig zu Aufräumearbeiten, Kochen und dergleichen in russischen Spitälern und ähnlichen Arbeiten verwendet.

Um den 10. September herum marschierten die russischen Truppen in Hermannstadt ein. Ihre Kolonnen rollten auf der in unserer Sicht vorbeiführenden Landstraße Tag und Nacht vorbei. Auffallend waren die improvisierten, offenbar aus requirierten ländlichen Fuhrwerken und Pferden zusammengesetzten Trainkolonnen. So gab es z. B. im allgemeinen Leitseile nur aus Verbandstoff oder Stricken.

Ein russischer Besuch erfolgte bei uns im Lager nicht. Hingegen hörten wir von Gewalttaten und Vergewaltigungen in den äußeren Stadtvierteln. Im inneren Stadtviertel wurde die Ordnung einigermaßen aufrechterhalten. Die Exzesse der Russen vollzogen sich besonders im Zustand der Trunkenheit, weshalb der Alkoholausschank in der Stadt verboten war. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden, wie uns unsere Angehörigen bei ihren Besuchen erzählten, im ganzen Stadtgebiet die Passanten von den Russen hauptsächlich ihrer Uhren beraubt. Auch der deutsche Bürgermeister von Hermannstadt, Dr. D., wurde als Gefangener eingeliefert. Seine Verhaftung erfolgte auf Geheiß des russischen Generals, dem er eine ihm nicht genehme Villa im Villenviertel „Unter den Erlen” als Wohnsitz angeboten hatte.

Wir Verhafteten rechneten mit einer Auslieferung an die Russen und mit der Möglichkeit einer Erschießung. Andererseits erwarteten wir nach


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den zu uns gedrungenen Nachrichten einen Wiedervorstoß der deutschen Truppen. Die Stimmung in der Stadt war bei der deutschen Bevölkerung unverändert deutschbewußt. Es wurde von allerlei Zeichen berichtet, wonach auch ein Großteil der Rumänen noch eine Rettung durch die Deutschen herbeiwünschte. Bemerkenswert war z. B., daß kurz nach den ersten Verhaftungen der noch unter Antonescu eingesetzte Komitatspräfekt den Volksdeutschen Kreisleiter in der Gefangenschaft besuchte.

Etwa am 17. September erfolgte überraschend unser Abtransport in das Sammellager Târgu-Jiu. Wir wurden von rumänischen Polizisten zu Fuß an russischen Panzerkolonnen entlang zum Hermannstädter Bahnhof geführt. Hier forderten rumänische und jüdische Kommunisten die russischen Soldaten, deren Fronttransporte im Bahnhof hielten, auf, in unsere Reihen zu schießen. Die Russen kehrten sich nicht daran. Der rumänische Polizeioffizier, der unsere Eskorte führte, geriet mit einem russischen Unteroffizier, der einem von den Verhafteten einen Ledermantel mit Gewalt abnehmen wollte, in ein Handgemenge und zog die Pistole. Ein russischer Major griff ein und warf den Mantel in den Gefangenentrupp zurück mit den russischen Worten: „Da habt ihr, ihr deutschen Schweine!” Nach diesen Szenen führten uns die Polizisten eilig zum Verladebahnhof und brachten uns in einem bereitstehenden Güterzug unter.

Auf der Fahrt nach Târgu-Jiu war ausreichend Gelegenheit zur Flucht geboten. Mit Rücksicht auf unsere Familien nahmen wir davon Abstand, zumal das Einvernehmen mit den Polizisten so gut war, daß sie beispielsweise in Craiova bei einem mehrstündigen Aufenthalt mit unseren Trinkgeldern versehen in eine nahegelegene Gaststätte gingen und uns die Bewachung ihrer Waffen anvertrauten. Wir verbaten uns eine Wiederholung, weil beutelüsterne Russen umhergestrichen waren. Nach drei Tagen Fahrt trafen wir im Lager Târgu-Jiu ein.

Im Lager, das früher die von Marschall Antonescu zu Konzentrationslager Verurteilten beherbergt hatte, befand sich die alte Bewachungsmannschaft unter dem Kommando eines korrekten Obersten, und es blieb auch die alte Lagerordnung bestehen. Der Oberst empfing uns sehr höflich. Wie schon zu Antonescus Zeiten gab es eine erste, zweite und dritte Klasse. Die nach freier Wahl in die erste Klasse Eintretenden konnten an einem gemeinsamen Essen (mittags drei Gänge) teilnehmen, dessen Kosten sie selbst bestreiten mußten. Die gleiche Kost bezogen auch die Offiziere. Die Bedienung beim Essen erfolgte durch rumänische Soldaten. Die Unterbringung in der ersten Klasse erfolgte in Barackenräumen zu je vier Soldatenbetten. Die zweite und dritte Klasse war in Massenbarackenlagern mit Pritschen in zwei Etagen untergebracht. Die zweite Klasse zahlte einen bescheidenen Beitrag für das Essen, mußte aber wie die erste Klasse nicht arbeiten. Die dritte Klasse mußte für das Essen nichts zahlen, war jedoch zur Arbeit verpflichtet. Tatsächlich wurde auch von ihr wenig Arbeit und zumeist nur zur Instandhaltung des Lagers selbst (Holz schneiden, Wege in Ordnung halten usw.) verlangt. Das Essen zweiter und dritter Klasse (einheitlich) war im Gegensatz zur ersten Klasse unzureichend und mußte durch Pakete der Angehörigen ergänzt werden.


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Die Zahl der Lagerinsassen betrug etwa 70001. Die ganze Stadt Târgu-Jiu war seit Jahren an dem Geschäft mit dem Lager interessiert. Das Heranbringen von alkoholischen Getränken war verboten, wurde aber mit Hilfe der Wachmannschaften von den Begüterten geübt. Im Lager befanden sich verhaftete Volksdeutsche und internierte Reichsdeutsche aus dem ganzen Lande, vor allem auch die ganzen Bukarester Reichsdeutschen, mit Ausnahme der ins Gesandtschaftslager eingewiesenen. Erst als Târgu-Jiu überfüllt war, wurden ab Oktober auch weitere Lager wie Slobozia eingerichtet.

Die Offiziere verhielten sich neutral und nicht unfreundlich, mit Ausnahme eines Abteilungskommandanten polnischer Volkszugehörigkeit. Der Verkehr innerhalb der einzelnen Lagerabschnitte war untersagt, praktisch jedoch nicht beschränkt, mit Ausnahme der dem Offizier polnischer Herkunft unterstellten Baracken. Die rumänischen Offiziere schimpften gesprächsweise über die Russen und enthielten sich deutschfeindlicher Äußerungen. Oberleutnant T. erzählte uns wiederholt, daß er unter Antonescu den nunmehrigen Justizminister Patraşcanu als Gefangeneu unter sich gehabt habe. Der Oberleutnant wurde, wie ich später hörte, 1945 zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Im Lager erzählten Bukarester Besucher reichsdeutscher Lagerinsassen von zwei kennzeichnenden Fällen. Die Russen hatten in Bukarest mehrere Tausend deutsche Kriegsgefangene im Demonstrationsmarsch durch die Hauptstadt geführt, diese Siegerdemonstration aber nicht wiederholt, weil man den Deutschen aus den Fenstern Zigaretten und Blumen zugeworfen hatte2. In Craiova verteilte ein rumänischer Bäcker an vorbeigeführte deutsche Kriegsgefangene sein ganzes Brot, worauf er von den Russen gleich verhaftet wurde.

Während in den ersten Tagen alte und kranke Reichsdeutsche nicht eingeliefert wurden, wurden bald sämtliche Reichsdeutschen einschließlich der Greise und Kranken und Kinder beiderlei Geschlechts, kurzum sämtliche Reichsdeutschen interniert. Nach Aussage der rumänischen Offiziere geschah dies auf Befehl der Russen. Wir halfen oftmals gebrechliche, des Gehens unfähige alte Frauen vom Tor hereintragen. Die Deutschen in der zweiten und dritten Klasse (die gute erste Klasse war wegen der begrenzten Zahl der Tischplätze und Einzelräume — ca. 100 Personen — bald voll) lebten unter menschenunwürdigen Umständen. Die Baracken waren schmutzig und überfüllt, die Ernährung, soweit nicht Angehörige Pakete sandten, unzureichend, die hygienischen Verhältnisse zermürbend.

Der Vf. schildert einen besonders drastischen Fall.

Unter den Internierten sprach es sich herum, daß sich im Lager zahlreiche Wehrmachtsangehörige befanden, die sich als Zivilisten ausgegeben hatten, um der Kriegsgefangenschaft zu entgehen. Diese Tatsache wurde geheimgehalten, doch war sie immerhin einer unbestimmten Zahl von Lager-


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insassen bekannt. Dennoch ist mir kein einziger Fall von Denunziation bekannt geworden.

Die Moral im Lager war angesichts der erschütternden Ereignisse sehr gut. Zur Hebung der Lagermoral verbreiteten einige Volksdeutsche Internierte, insbesondere ein Banater Arzt, systematisch optimistische Gerüchte; diese wurden bereitwillig geglaubt. Die Masse der Lagerinsassen schenkte den unbegrenzt ins Lager kommenden rumänischen Blättern keinen Glauben und feierte immer wieder deutsche Siege.

Die Korrespondenz der Lagerinsassen mit den Angehörigen stand unter Zensur, war aber in begrenztem Ausmaße frei. Sie konnte praktisch auch in deutscher Sprache erfolgen, obwohl zeitweilig die Verpflichtung zum Gebrauch der rumänischen Sprache bekanntgegeben worden war. Während die rumänische kommunistische Presse sowie die unter Antonescu verboten geweseneu Boulevard-Blätter die Deutsche Volksgruppe heftig angriffen, war die national-zaranistische Presse sichtlich bestrebt, die Rolle, die die Volksgruppe in den abgelaufenen Jahren gespielt hatte, zu bagatellisieren, indem sie sich über ihre Amtswalter und deren Haltung lustig machte.

Kennzeichnend für die Gesinnung der Lagerinsassen war die Veranstaltung einer großen Weihnachtsfeier mit vielen Geschenken für die ca. 300 Kinder des Lagers. Mit den primitivsten Mitteln unter Einsatz von Fachleuten aller Wissensgebiete war Spielzeug jeglicher Art in nahezu vollendeter Ausführung entstanden. Ein gemeinsamer Gottesdienst, in dem ein evangelischer und ein katholischer Geistlicher die Ansprachen hielten, hatte erhebende Formen. Ähnlich gestaltete sich der Silvesterabend. Zu der anschließenden Weihnachtsfeier der ebenfalls im Lager internierten 200—300 Ungarn wurden von den Deutschen Sänger und Besticher zur Verfügung gestellt, um den Saal zu füllen.

Gegen Ende des Jahres 1944 erschienen manchmal russische Kommissionen im Lager, das eine Mal nur, um den Rumänen deren im Lager versteckte Personenautos in äußerlich höflicher Form zu requirieren, einige Male aber, um das ganze Lager zu inspizieren. Sie wurden von den rumä-nisehen Offizieren zuvorkommend empfangen und interessierten sich hauptsächlich dafür, ob und was im Lager gearbeitet wurde. In den ersten Tagen des Jahres 1945 verdichteten sich die Gerüchte, daß wir in ein anderes rumänisches Lager geschafft würden, um produktive Arbeit zu leisten. Einige von uns befürchteten den Abtransport nach Rußland, und die russischen Sprachstudien wurden heimlich intensiviert.

Fluchtversuche kamen selten vor, obwohl sie nicht aussichtslos gewesen wären. Hingegen schmuggelten sich deutsche Soldaten in das Lager ein. Der Aufenthalt im Lager erschien auch den Zivilisten noch immer sicherer als der Aufenthalt in dem von den Russen überschwemmten Land; denn es wurden von der russischen Geheimpolizei immer wieder Volksdeutsche unter dem Verdacht der Spionage verhaftet.

Der Bericht schließt mit einer Darstellung der Zwangsverschleppung in die Sowjetunion1.


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