Nr. 34: Evakuierungs-Treck der Gemeinde Petrifeld über Nyiregyháza-Budapest-Sankt Polten nach Passau.

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Erlebnisbericht des Landwirts H. E. aus P e t r i f e I d (Petresti), Plasa Carei (Karol), Judeţ Sălaj im Sathmar-Gebiet.

Original, 1. März 1956, 2 Seiten, hsehr.

Bereits zwei Wochen vor der Evakuierung wurde unserem Volk mitgeteilt, daß wir mit einer eventuellen Evakuierung unserer Gemeinde Petri rechnen müßten. Zahlreiche Landsleute trafen Vorbereitungen, gingen aber gleichzeitig ihrer bäuerlichen Herbstarbeit nach. Am 9. Oktober 1944 kam dann der Evakuierungsbefehl, dem innerhalb von drei Stunden Folge geleistet werden sollte. Wir erwirkten aber eine Verlängerung der Abfahrtszeit, um alle Einwohner zu verständigen und uns zur Abfahrt bereit zu machen. Doch ein Teil von der Bevölkerung konnte sich nicht entschließen, die Heimat zu verlassen; sie blieben größten Teils in der Heimat zurück. Die anderen entschlossen sich, wenn auch schweren Herzens, die Heimat zu verlassen. Viele Volksdeutsche aus Rumänien waren durch Petri geflüchtet. Die Aussagen und Erlebnisse dieser vielen Menschen gaben uns Grund genug, die Heimat zu verlassen. Zum Abschied rief ich meine weinende Familie noch einmal in das Haus, dankten im Gebet Gott für seine Hilfe und flehten ihn an, uns auch weiter beizustehen.

Um 5 Uhr in der Früh am 10. 10. 1944 standen 130 Personen mit ihrem Pferdegespann auf der Straße und fuhren in Richtung Karol1. Hier wurden uns 2 deutsche Soldaten als Begleiter zugeteilt. Um 10 Uhr verließen wir Karol und fuhren in Richtung Nyiregyháza. Die erste Nacht auf der Flucht verbrachten wir auf einem Gutshof. Wir hatten nicht viel Ruhe, dafür aber mehr Angst, denn wir konnten das Donnern der Kanonen vernehmen. So ging es immer in Eile und Angst weiter. Erst als wir die Theiß hinter uns ließen und wir vor Budapest standen, fühlten wir uns sicherer. Hier gab es einen Rasttag. Die Frauen wuschen, nähten und pflegten die Kinder, die Männer ergänzten die Lebensmittelvorräte. Dann fuhren wir weiter nach Westungarn und Osterreich. Während der Fahrt mußten wir viel Angst vor den Fliegerangriffen ausstehen. Wir hatten, Gott sei Dank, keine Menschenopfer zu beklagen. Frauen mit kleinen Kindern und ältere Leute wurden in St. Polten vom Treck getrennt. Sie kamen nach Garsten in Österreich, der Treck fuhr weiter in Richtung Passau. Am 11. 11. 1944 trafen wir in Passau ein. Da bereits der Winter hereinbrach, blieben wir hier. Die Pferde verkauften wir über die Kreisbauernschaft. Statt des Preises erhielten wir einen Gutschein. Nach zwei Wochen trafen auch die in St. Polten abgetrennten Familienangehörigen wohlbehalten in Passau ein.


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