Nr. 44: Evakuierung der deutschen Einwohner von Ulmbach nach Stefansfeld im serbischen Banat; Besetzung durch sowjetische Truppen und Rückführung der Ulmbacher in ihre Heimatgemeinde.

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Erlebnisbericht (Brief) der L. S. ans Ulmbach (Peciul-Nou), Plasa Ciacova (Tschakowa), Judeţ Timiş-Torontal im Banat.

Original, 14. Mai 1955, 6 Seiten, hschr. Teilabdruck.

Die Vfn. beginnt mit privaten Mitteilungen und schreibt dann: „Lieber P.! Endschuldige, das ich Dir nicht von dem Flüchten nach Schuple1 geschrieben. Ich war ser krank, das sogar das schreiben zu anstrengend war, und dan weis ich auch die Datume nicht mer, wan das alles war. Ich war auch ser aufgerekt, wir waren allein, mein Schwigervater war auch damals eingerükt. Meine Mutter wolte nicht fort und ich wolle fort, weil doch Peter hir war. Und so war ich mit meinem eigenen Sorgen so bescheftigt, das ich garnicht wüste, ob Da ein Transportführer war. Der Zellenleiter kamm bei Tagesanbruch einsagen, Paken und bis Mitag alles fort. Das war am 15. September2. Da hatte man alle Hände voll zu tun,


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und wer fertig war, ist fort. Meine Schwigermutter wolte aber nicht, wie gesakt, weil mein Schwiegervater] nicht hir war; und so waren noch einige, die nicht fort gingen; und so bliben wir noch bis Freitag (19.) in Ulmbach. Meine Eltern und Verwante wäre alle fort, es war mir jämerlich zu mute; und Freitag sind die Deutsche Soldaten abgezogen (weil die Ungaren mit den Russen gegen die Deutsche) nach Ungarn. Da war das Dorf Menschen leer, und die par Leut, woh noch im Dorf waren, sind auch noch vor Nacht vor ankst fort nach Schuple; und am 1. Oktober kamen die Russen. In Ulmbach waren noch geblieben Alte, Kranke, par Männer, die hetten sollen helfen das Dorf verteitigen, und einige Fam[ilien] denen ihr Männer bei den Rumenen Eingerükt waren. Wie die Russen dan durch waren, sind die Leut, die noch ein Blindes oder grumes Pferd hatten, mit den Kuh und selber schiben — wie es ging, das kan man sich nicht vorstellen, das mus man gesen haben — nachhausgefahren. Da haben sich par Leut, meist Verwante, zam gemacht, haben einen Wagen parhuntert Meter vorgezogen und dan den anderen bis sie in Fön1 auf der Landstrase waren; und die Leut haben getrükt, weil es war so viel drek, das man die Füss nicht rausgebracht hat. Mer als die helfte hatten aber kein Furwerg mer; weil alles, was gut war, haben die Russen genomen. Die musten dort bleiben; aber dan hat Profesor Schicht von Zuhause2 — weil der war nicht mit; seine Mutter ist damals gestorben und wurde in Temeschburg begraben, und an dem Tag gingen die Züge nicht mer, und so konnte Er nicht nachhaus; und, als Er nachhauskam, waren wir alle fort, und das war unser Glück, sonst weren wir nicht von Serbien zurückgekommen und hetten dort in Lager müssen. Wir sind gerade den letzten Tag, Samstag in aller Früh fort, und Sonntag wurden die Schupler ins Lager. Herr Professor hat Rumenische hohe Ofiziere vom Kirchen- und auch seinem Geld gut bezalt, und dan kämmen sie mit Rumenisch Militer nach Foen; und jeder nam sich ein Soltat und ein Wagen von Foen, und so kämmen wir dan nachhaus. Den Soldat und den Wagen musten wir bezalen, das kostet auch viel Geld; aber es blieb keiner in Schuple. Nur der Moll Milchman und Streitmattter Hans, sein Schwager wurde von Patisaner erschossen3; und dem Marks Hans (Nr. 1) seine Mutter ist gestorben. Und dem Waier sein Sohn hat Raber Walter erschossen; die haben sich mit den Geweren gespielt, weil alle Junge Männer und Burschen bekammen Gewere. Frau Steins ist in Betschgeret4 gestorben, weil sie mit dem Auto fort sind; und die Leni ist wieder nach Rumenien ins Lager nach Hartzfelt5 und ist am 1. November dort gestorben. Sonst kan ich mich nicht Erinern. Viele Alte Leut sind dan noch Zuhaus gestorben. Dewaltz Matz und Jungs


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Mitler sind zuhaus geschosen worden1. Dan wurden am 14. Januar 45 die Leud nach Rusland; und im Mai 45 haben sie die Colonisten ins Dorf gebracht und uns alles weg genommen.

Der Brief schließt mit weiteren persönlichen Mitteilungen.