Vorbemerkung

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Der hier vorgelegte Band III der „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa” behandelt das Schicksal des Deutschtums in Rumänien (in den Grenzen von 1919/20—1940) während und nach dem II. Weltkrieg. Ohne von den für das Gesamtwerk geltenden Grundsätzen1 abzuweichen, hatte die mit der Bearbeitung betraute Wissenschaftliche Kommission auf die besonderen historischen und politischen Umstände zu achten, die für die Bearbeitung dieses Bandes von Bedeutung sind. So war zu berücksichtigen, daß das Deutschtum in Rumänien ursprünglich weder räumlich-siedlungsmäßig, noch geschichtlich eine Einheit bildete, sondern sich aus mehreren Gruppen zusammensetzte, die erst durch die Bildung des großrumänischen Staates am Ende des I. Weltkrieges staatlich-politisch in nähere Verbindung kamen. Wenn sich daraus auch in der Zeit zwischen den Weltkriegen die Notwendigkeit politischen Zusammenwirkens, ja das Bewußtsein einer engen Schicksalsgemeinschaft ergab, so mußte in der Publikation doch die historisch gewachsene Eigenart der einzelnen deutschen Volksteile zur Geltung kommen. Die Frage war nur, ob dies auch durch die Anordnung der Dokumente nach den einzelnen Siedlungsgebieten geschehen oder ob auch im vorliegenden Falle — wie schon in den vorausgehenden Bänden — die Gliederung dem allgemeinen Gang der Ereignisse im Gesamtbereich des behandelten Staates folgen sollte. Die Kommission hat sich aus Gründen der methodischen Einheitlichkeit zu dem zweiten Verfahren entschlossen. Allerdings ergab es sich von selbst, daß einige Phasen nur in einzelnen Gebieten belegt werden konnten, da sich während des II. Weltkrieges die Wege der deutschen Volksgruppen in Rumänien wieder zu trennen begannen; Siebenbürgen wurde zwischen Rumänien und Ungarn geteilt; die deutschen Volksgruppen in Bessarabien, in der Bukowina und in der Dobrudscha wurden ins Deutsche Reich umgesiedelt und damit anderen Erlebnissen ausgesetzt als die in Rumänien zurückbleibenden Deutschen. Es erschien daher, um den inneren und äußeren Zusammenhang der Ereignisse zu unterstreichen, richtig, den Ablauf und die Wirkungen dieser Umsiedlungen dokumentarisch festzuhalten und sie in den Rahmen dieses Bandes miteinzubeziehen.

Erhält dieser damit schon eine sehr besondere Note, die ihn von den vorausgehenden unterscheidet, so muß außerdem vor allem darauf auf-


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merksam gemacht werden, daß Rumänien nicht zu den im Potsdamer Abkommen von 1945 aufgeführten Vertreibungsländern gehört, und eine eigentliche Vertreibung der Deutschen nicht stattgefunden hat, wenn auch durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse eine starke Dezimierung und Zerstreuung des Deutschtums in Rumänien eingetreten ist.

Daraus ergab sich vor allem die Notwendigkeit, das Schicksal der im Lande verbliebenen Mehrheit der Rumäniendeutschen zu klären. Die ihnen gegenüber eingeschlagene Politik der rumänischen Volksrepublik stellt in mancher Hinsicht ein lehrreiches Beispiel kommunistischer Nationalitäten-politik dar und verdient auch unter diesem größeren Aspekt besondere Beachtung. Aus diesem Grunde wurde auch die Dokumentation möglichst bis an die unmittelbare Gegenwart herangeführt.

Für die Veröffentlichung der Dokumente gelten die gleichen Richtlinien wie bei den vorausgehenden Bänden. Vor allem wurde wieder auf originale Erlebnisberichte Wert gelegt und auf Protokolle oder „Befragungsberichte” nur in geringem Umfange zurückgegriffen. Daß ein groß ;er Teil der Berichte erst jüngeren Datums ist, ja sogar den letzten Jahren entstammt, erklärt sich aus der Tatsache, daß die Sammlungsaktion sich erst relativ spät auf Erlebnisberichte konzentrierte. Alle Dokumente sind jedoch mit den in dem vorliegenden Werk erarbeiteten Grundsätzen genauestens nachgeprüft und nur dann veröffentlicht worden, wenn die dokumentarische Zuverlässigkeit in keiner Weise beeinträchtigt war. Die hier publizierten Dokumente wurden von verschiedenen Arbeitskreisen und Persönlichkeiten gesammelt, von denen folgende namentlich genannt seien: Prof. Dr. Fritz Valjavec, München; Rechtsanwalt Erhard Plesch, München; Oberstudienrat Anton Valentin, Sigmaringen; Studienrat Hans Diplich, Schwenningen; Studienrat Otto Klett, Gerungen; Dr. Martin Schuster, Berlin. Die größte Zahl der veröffentlichten Gesetzestexte entstammt der Bibliothèque des Nations in Genf.

Die einleitende Darstellung mußte, wie schon im Ungarn-Band, über die Interpretation der Dokumente überall da hinausgehen, wo es für das Verständnis der Zusammenhänge unerläßlich war. Das gilt in erster Linie für die deutsche Politik. Für sie sind teilweise auch ungedruckte Quellen herangezogen worden, deren Benutzung das Institut für Zeitgeschichte in München und das Bundesarchiv in Koblenz dankenswerterweise gestattet haben1. Dr. Wilfried Krallert hat die Arbeiten der Kommission vor allem durch die Beschaffung statistischen Materials unterstützt.


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Innerhalb des von der Wissenschaftlichen Kommission eingesetzten und von Prof. Dr. Theodor Schieder geleiteten Arbeitskreises war Dr. Eckhart G. Franz nach vorbereitenden Arbeiten durch Dr. Martin Broszat mit der Fertigstellung des vorliegenden Bandes betraut.