Nr. 25: Die Evakuierung deutscher Einwohner aus den Partisanengebieten Mittel-und Westslawoniens im Jahre 1943/44 nach Syrmien, die weitere Evakuierung und Flucht vor dem Anmarsch der Roten Armee im Oktober 1944.

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Erlebnisbericht der Bäuerin E. L. aus Garčin, Bezirk Slavonski Brod in Slawonien.

Original, 17. März 1958, 14 Seiten, hschr. Teilabdruck.

Die Vfn. beginnt ihren Bericht mit der Schilderung der Drangsale unter den wechselseitigen Repressalien von Partisanen- und Militärbesatzung während der Partisanenkämpfe in ihrem Heimatgebiet seit Anfang 1942 und berichtet weiter:


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So ist es auch am 9. September 1944 gewesen. Das Deutsche Milliter ist am Tag abgezogen, und am Abend sind die Partisaner eingerückt, mit allen Waffengatungen bewafnet, und wie die Ameisen sind sie herbeigeströmt. Alle Häuser haben aufmachen müßen und einspannen und auf befel warten.

Das fünfte Hausz von uns war die Schandarmeri-Kaserne und wisawi das Gemeindehausz und eine Alte Milliterkaserne. Bei den Schandaren waren 20 Mann und in der Milliterkaserne 7 Mann Ustaša, die waren alle gut versorgt mit Munition. Da haben die Partisaner den Kampf eröfnet und die Schandarmen gefangen genomen (3 Mann sind entkommen), dan haben aie die Kaserne in die Luft gesprengt. Dan wollen sie auch die Ustascha-Kaserne in die Luft sprengen, aber die waren im oberen Stok und haben so gekämpft von 10 Uhr Abend bis 4 Uhr Früh; aber es ist ihnen nicht gelungen, die Ustascha zu überwältigen. Gegen Tag musten sie dann apzihen mit einer menge Toten. Das ganze Dorf hat müssen fahren, die Kroaten musten Tote und Verwundete wekfahren.

Bei den Deutschen haben sie Geplindert, und was ihnen gefalen hat, haben sie aufgeladen und mitgenommen. So haben sie bei uns selbst drei fette Schweine aufgeladen, die schönste Kuh aus dem Stall hinter dem Wagen angebunden; dan habe ich sie müssen in die Zimmer führen, dort haben sie den Radio und ein Baßfligelhorn und Wäsche und Kleider mit auf den wagen genommen und sind dafongefahren. Es war ein Glük, das sich mein Mann hat vorher versteken können, sonst hätten sie ihn bestirnt mitgenommen. Einer von denen scheint doch ein wenig ein Herz gehabt zu haben - den ich mus noch erwenen, das unsre Tochter mit vier kleinen Kinder bei uns war und wir auch noch einen 11 Jahre alten Sohn hatten, die haben alle werend des Kampfes in der hinteren Stube auf dem Boden gelegen - und als der Partisaner das gesehen hat, ist er hinaus und hat nichts mehr gesagt. Zu einem anderen sagte ich: "Molim vas, ako ste nam već svinje i kravu uzeli, ostavite nam makar konje, da možemo raditi 1 ." Dan hat er mich angeschrien: "Šta! A gdje su vam sinovi? Mi da vas sledimo, a vi ste naši neprijatelji. Sve ćemo vas redom zaklat i zapalit 2 ." So habe ich dan nichts mehr gesagt.

Die Nachbarn und Kroaten, die haben dan die Verwundeten und Tote bis ins Gebürge ins Partisanerlager gefürt, und wir Deutsche haben unsere Pferde und Wagen nicht mehr bekommen. - So war das Leben dan weiter nur eine Kwal; wir kqnten nicht mehr Arbeiten.

So ging es bis am 24. 9., dan kam der Zweite Angrif in der Nacht auf die Bahnstation. Dort war Deutsches Milliter, und in den Bunker waren Ustascha, 15 Mann. Da war dan wieder die ganze Nacht ein Kampf, und im Dorf waren alle Deutschen Häuszer vol Partisaner; denen haben wir müssen zu Essen und zu Trinken auftragen und sich nichts anmerken lassen. Da hatten sie wieder schwere Verluste und musten in der Früh wieder abzihen. Wer Pferde und Wagen bäte, muste wieder fahren. Auch uns hatten


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sie befolen, da sagten wir, das sie ja unsere Pferde und Wagen schon haben. So gaben sie uns dan eine Bestätigung, das wir in disen Sachen nicht mehr Belästigt werden.

So vergingen einige Tage. Da kamen einige Kroaten und redeten meinem Mann und noch einigen Deutschen zu, mit ihnen zu gehen zum Partisanischen Kommando ins Gebürge, und sie werden dort vorsprechen, das wir die Pferde wieder bekommen; so haben sie sich überreden lassen und sind mitgegangen. Als sie mit ihrem anliegen dorthin kamen, wurden sie einzeln vorgelassen und abgehört, und dan wurde ein Gericht gehalten. So wurden die ändern entlassen, und meinen Man haben sie zurikbehalten mit dem vermerk, er sei bei ihnen im schwarzen Buch. Er sagte dan: Was habe ich den verschuldet? Ich habe doch so vielen geholfen, das sie nicht verhaftet wurden! Und die sagten: "Ako si devetdeset i devet pomogo, a jednog nisi, onda si kriv 3 ." Ihr könt euch vorstellen, wie es ihm da zu Muthe war. So ging das Urteil dan hin und her; einer sagte: hir bleiben - ein anderer sagte: gehen lassen. Und so hat dan ein Kroate aus unserem Nachbarsdorf, der mit meinem Mann hingegangen ist, gesagt: "Drugovi. Ovaj čovjek je moga sina spasio od smrti a vi znate, tko je moj sin medju vama, a ako vi njega ne pustite kući onda i ja neidem, jer kako bih ja mogao stupiti pred njegovu ženu a njega ne dovesti koji, nam je toliko pomogo 4 ." Und so hat sich dan noch ein bekanter eingesezt, das er wek gekommen ist. Der hat ihn dan noch begleitet durch die Partisaner-Wachen vorbei, dan sagte er zu meinem Mann auf Kroatisch: Höre mich an. Du warst jezt in einer Peinlichen Situation, dismal konte ich dir helfen, und ich Bitte dich, wen du fort kanst irgend wohin, gehe fort aus disem Gebit, sonst bist du Verlohren.

Wir waren alle Froh, das Er wider bei uns war, und warteten, was weiter werden soll. - Die Pferde hat keiner zurükbekomen.

Und so kam dan am 30. 9. 1944 der Befel zur Evakuierung. Dan sind wir unter Milliter-Schutz mit unserm Hab und Gut einwagonirt worden und 70 km nach Syrmien Transportirt worden, dort wurden wir in einer Ortschaft auswagonirt und untergebracht. - Nach 14 Tagen wurden wir wider von dort fortgebracht, aber nicht mehr mit allem, was wir noch hatte. Nein! Das musten wir alles stehenlasen. Dort wurden dan die Alten Leute und Frauen mit kleinen Kinder einwagonirt und die ändern mit Wagen und Pferden auf den Weg geschickt. Da wir noch ein Pferd hatten, haben wir noch eins dazu bekommen, und so bin ich mit meinem lljärigen Sohn mit der Wagen-Kolone fort, und mein Mann mußte bei der Heimatwacht zurükbleiben. So waren wir nun schon in drei Teile zerissen. - Wir waren dan mit dem Wagen einen Monat durch Ungarn und Nieder-österreich unterwegs 5 . . .


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Eine ausführliche Schilderung der Evakuierung gibt die V/n. noch in dem folgenden Ergänzungsbericht:

Es wurden damals drei Ortschaften unter Militerschutz Evakuirt, und zwar Trnjani, Sapci und Garčin. Wir waren in Garčin 13 Familien Deutsche Evangelische und 7 Familien Deutsche Katoliken in einem Kroatischen Dorf.


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Ich will noch betonen, das die Katolischen Deutschen nur mehr dem Namen nach Deutsch waren und die Kinder nicht mehr Deutsch sprachen, und volgedessen sind sie auch nicht mit uns fort. Es sind auch drei Familien Ev. Deutsche zurikgeblieben; weil ihre Söhne schon von den Partisaner wekgeholt waren, so dachten sie, es kan ihnen nichts mehr Pasiren. Haben uns Feiglinge genant, weil wir wek sind; doch wir hatten zwei Söhne und den Schwiegersohn beim Militer und ist uns immer Gedroht worden, so haben wir uns entschlossen, Hab und Gut zu Opfern, um das Leben zu retten.

Wir Garciner kamen dan nach Ilača in Syrmien 6 , und die Trnjaner kamen nach Šidski Banovci, die meisten haben dort Verwante gehabt und wurden dort untergebracht. Wir Garciner hatten schon grösere schwirichkeiten, den nimand wolle uns aufnemen; doch auf Befel der Ortsleitung sind wir doch in zwei Häuszer mit unserer 8köpfigen Familie untergekommen, und die übrigen sind auch bei den Deutschen im Ort einquatirt worden; doch es hat ja nicht lange gedauert. Am 4. 10. sind wir hingekommen, und am 19. 10. sind die Deutschen aus Ilača mit uns fort.

Wir waren bei Jakob Junkert im Hausz, von dem wurde uns dan noch ein Pferd zugeteilt, weil ja unsre Pferde, wie schon im ersten Brief erwent, von den Partisaner wekgenommen waren. - Auch wo wir in Ilača waren, war auch in einer Nacht ein Partisaner-Angrif und ein schwerer Kampf gewesen, auch war ein Fliegerangrif in einer Nacht auf Vinkovci. - Es ist ja alles so Furchtbar gewesen, das man sich gar nicht mehr so genau an alles erinern kan.

Wir sind dan mit einer Kolone 113 Wagen über Šid, Tovarnik gegen Esseg zu, wo wir dan am 21. 10. in der Nacht über die Dräu hiniber in die Baranja und durch Ungarn weiter gefahren sind. In Beremend haben wir das erstemal einen Tag gerastet; wen wir keine Nachtherberge bekommen haben, sind wir auch die Nacht durchgefahren. Da haben wir auch allerhand Erlebt; manche Leute haben uns Bedauert, und manche haben Geflucht und uns fortgejagt; für Zucker und Salz haben wir Heu für die Pferde eingetauscht, und wo wir nichts bekommen haben, haben wir in der Nacht für die Pferde futter gestolen. In Szigetvär hatten wir wieder Rast. Als wir dan weiterfuhren, bekamen wir Fliegerangrif; da haben wir die Wagen stehengelassen und sind in den Wald und in die Maisfelder geflüchtet, bis wieder alles vorbei war, dan sind wir wieder weiter. So sind wir dan durch Ungarn und bei Sopron in der Nacht nach Österreich.

Im folgenden erwähnt die Vfn., daß die drei evangelischen Familien aus Garčin im Dezember 1944 ebenfalls noch evakuiert wurden, während die katholischen Familien zurückblieben und unter dem jugoslawischen Nachkriegsregime das Schicksal der Deutschen in den Internierungslagern erlebten 7 .


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