Nr. 42: Die Lage in Neu-Sankt Peter nach dem 23. August 1944; nach wechselvollen Kämpfen Flucht mit den zurückgehenden deutschen Truppen; Treck im unmittelbaren Frontgebiet bis Szeged und weiter nach Niederösterreich; zweite Flucht im Frühjahr 1945.

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Erlebnisbericht des Bauern R. K. aus Neu-Sankt Peter (Sânpetru-Nou), Plasa Periam (Perjamosch), Judeţ Timiş-Torontal im Banat.

Original, 26. März 1956, 10 Seiten, hschr.

Am 23. August hat Rumänien kapituliert; die deutschen Truppen zogen sich aus dem Karpatenbogen durch das ebene Banat über Temeschburg und der Donau entlang zurück. Unser Heimatort Neu-Sankt Peter lag nahe der rumänisch-ungarischen Grenze, am linken Maros-Ufer. Es war eine völlig ungeklärte Situation. Die rumänischen Behörden nahmen den Volksdeutschen sofort alle Radios und Fahrräder ab. Keine Zeitungen kamen. Alle Männer und Frauen von 18—45 Jahren mußten sich bei der Gendarmerie melden. Der rumänische Gendarmeriepostenführer wurde in der Nacht ermordet, niemand wußte von wem. Die Nachbargemeinde Groß-Sankt Peter war eine serbische Gemeinde. Unter ihnen waren sehr viele Militärdienstverweigerer, die sich auf den Feldern im Mais versteckt hielten, was ja auch


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der Gendarmerie bekannt war, die oft Streifzug nach ihnen machte. Jetzt kamen sie hervor; sie taten so, als wären sie nun die Herren. 14 Tage lang dauerte dieser Zustand. Da kam ungarisches Militär und besetzte das Gebiet beiderseits der Maros entlang. Sie feierten ihren Einzug, ermahnten die Bevölkerung zur Ruhe und sagten, sie übernehmen nun den Schutz über unser Gebiet. Wir sahen aber, daß sie sehr schlecht ausgerüstet waren Wir sollten wieder unsere Herbstarbeiten verrichten, was ja hauptsächlich das Maisbrechen war. Ich war in den nächsten Tagen mit Arbeitern dabei, am Felde den Mais zu ernten; da hörten wir aus der Gegend von Warjasch Schießen. Wir luden zwei Wagen mit Mais und schickten ihn mit meiner Frau und Schwiegervater heim; wir aber blieben am Felde, um weiter zu machen. Da kam mein Schwiegervater eilends aufs Feld und rief uns, schnell heimzukehren, da die Ungarn das Dorf fluchtartig verlassen, denn die Russen sollen kommen. Die ganze Nacht dauerte der Rückzug, die letzten verließen den Ort um 8 Uhr morgens.

Um halb 11 Uhr kam auf einem Motorrad ein russischer Offizier in den Ort gefahren und fragte die Bevölkerung, ob noch Ungarn oder deutsche Soldaten da seien. Er kehrte sofort um und fuhr nach Perjamosch zurück. In Sorgen um unsere Zukunft warteten wir nun, was weiter werden sollte. Am Nachmittag aber fuhren die Serben mit Wagen nach Perjamosch, um die Russen zu begrüßen. Sie brachten auch die ersten Russen mit. Zunächst geschah nichts Beunruhigendes von ihrer Seite. Der Aufforderung, alle Waffen abzuliefern, brauchte niemand zu folgen, denn die Rumänen hatten sie ja schon sowieso abgenommen. Verschiedentlich wurden Pferde und Wägen weggenommen oder ausgetauscht; auch mußten ungefähr 20 Kühe im Gemeindehaus abgeliefert werden, die sie aber wieder zurücklaufen ließen am nächsten Tag. Die Kampftruppen der Russen zogen Tag und Nacht durch das Dorf, einige Tausend. Wir dachten nicht mehr an die Anwesenheit deutscher Truppen. Auf einmal aber hörten wir aus der Richtung der gegen Süden gelegenen 7 km entfernten Gemeinde Pesak Artillerie schießen. Wir aber wußten nicht, was dort los war. Am Morgen aber fragte mich ein rumänischer Eisenbahnschrankenwärter, ob ich wüßte, wer dort drüben sei, und zeigte gegen Pesak. Ich sagte, ich wüßte nichts! Da erzählte er mir, daß er am Abend seine Kühe weidete; da kamen auf einmal Soldaten mit einem kleinen Auto aus dem Mais, es waren Deutsche. Er war von ihnen auf das Auto gehoben worden und nach Pesak gefahren. Hier mußte er aussagen, wieviel Russen durch unser Dorf zogen. Dann brachten sie ihn wieder zu seinen Kühen zurück. Er sagte mir, daß in Pesak sehr viele deutsche Soldaten, Panzer, Sturmgeschütze und viel Munition an den Häusern entlang aufgestapelt sei.

In der Nacht darauf hörten wir dann Schießen und Panzerrollen auf der Straße von Pesak gegen Perjamosch zu. Wir hörten auch das Absägen von Bäumen. Nach Mitternacht hörten wir schon, daß Kämpfe in Perjamosch seien; das war ungefähr am 29. Sept. 44. In unserem Dorf waren weiter die Russen; sie hatten nun gegen Perjamosch Kanonen in Stellung gebracht. Am nächsten Tag glauben wir aber, eine Nervosität bei den Russen zu bemerken. Wir waren schon seit Tagen in den Kellern. Die Nachbarn waren


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zu uns gekommen; es waren etwa 20 Personen im Keller. Von hier aus beobachteten wir immer, wie sich die Lage verhielt. So sahen wir auch, wie zwei russische Offiziere, [die] noch nach Perjamosch reiten wollten, von der rechten Straßenseite her, welche von unserem Dorf nach Perjamosch ging, beschossen wurden; beide Russen sind gestorben. Die Deutschen hatten die Eisenbahnlinie, welche parallel mit der Straße lief, auch schon besetzt und konnten so die Straße gut übersehen. Die ganze Nacht über hat man sehr stark auf unser Dorf geschossen, und erst gegen Morgen wurde es ruhiger. Wir kamen aus dem Keller heraus, um nach dem Vieh zu sehen, das in den Ställen brüllte, weil es auch schon lange nicht mehr gefüttert werden konnte. Es wurden die Kühe auch schnell gemolken und die Milch für alle, was im Hause waren, gekocht.

Als wir dann aber gerade vom Keller zur Küche gehen wollten, sah mein Schwiegervater auf der gegenüberliegenden Straßenseite russische Soldaten geduckt gegen die Ortsmitte zulaufen. Als wir da nur einen Moment zuschauten, hörten wir das Geräusch von einem Geschoß, zugleich auch schon die Detonation, Rauch, Staub und Dachziegel durcheinander. Ich hörte noch meinen Schwiegervater neben mir sagen: „Ich bin verspielt.” Er fiel in die Tür des Bodenaufgangs und starb binnen weniger Minuten. Im Hofe lag die Nachbarsfrau und jammerte; auch sie starb an der Stelle. Ich spürte an meinem linken Oberschenkel das Blut stoßweise hervorquellen, und da bemerkte ich erst, daß auch ich verwundet war; auch an der linken Kniescheibe war ich verletzt; ebenso, merkte ich erst später, hatte ich eine etwa 10 cm lange Streifwunde am Bauch. Ich schnürte mir mit einem Hosenriemen den Oberschenkel ab, damit die Blutung zum Stehen kam. Dann schleppte ich mich in den Keller, welcher an der Straße war. Durch die Kellerfenster sah ich da Soldaten vorbeilaufen; es schien mir aber, daß es Deutsche waren. Ich rief daher: „Kamerad!” Schnell blieb einer stehen und richtete die Maschinenpistole in den Keller. Ich rief: „Nicht schießen, ich bin ja ein Deutscher!” Ich fragte ihn, ob kein Sanitäter dabei wäre. Er fragte zurück, ob Verwundete hier seien. Als ich bejahte, hörte ich ihn auch schon nach einem Sani rufen. Er sagte noch: „Ich bin auch Volksdeutscher aus Ungarn.” Doch mußte er ja weiter. Nach ganz kurzer Zeit kam schon ein Sani herein; er sah, daß ich ja die Blutader abgeschnürt hatte; er aber mußte ja der Kampftruppe folgen. Es würde aber bald ein Ambulanzwagen nachkommen, sagte er mir, was ja auch bald geschah. Zwei Militärärzte untersuchten mich und verbanden die Wunden. Eine Tetanusspritze verabreichten sie mir noch; an eine Entfernung des im Oberschenkel steckenden Splitters konnte ja nicht gedacht werden, denn sie mußten ja weiter. Ich wurde ins Bett gebracht, der Schwiegervater aufgebahrt.

Wir sahen jetzt, daß sehr viele deutsche Soldaten in der Gegend waren, eine ganze SS-Polizeidivision, die von Griechenland her, die russische Kampffront durchbrechend, auf die ungarische Grenze zu sich durchzuschlagen versuchte. Es gelang ihnen, eine Woche lang den russischen Nachschub bei Perjamosch aufzuhalten, doch ständig ging die Beschießung unseres Dorfes weiter. Wir konnten unseren Keller auch jetzt nur zeitweilig verlassen. Gegen Abend wurden unsere beiden Toten eilig begraben. Auch in meinem


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Viehbestand mußten Notschlachtungen vorgenommen werden. An den Häusern war großer Schaden, viele Hausdächer waren weggerissen. In unserem klafften große Löcher. Noch am selben Tag kamen Dorfbewohner, da ich ja im Bette lag, und machten das Dach notdürftig zu. Unsere anfängliche Freude über den Einzug der deutschen Soldaten nahm langsam ab, denn wir merkten bald, daß dieser Zustand nicht von langer Dauer sein wird. Die Russen drückten sehr stark nach, und die Deutschen bereiteten uns langsam vor, doch fortzugehen, um aus dem Schußbereich zu kommen.

Am 7. Oktober bei Tagesanbruch aber sagten sie uns, daß sie nun nicht mehr länger halten können die Russen und wir sofort abfahren sollten. Meine Frau machte nun den Wagen innerhalb einer halben Stunde zurecht, belud ihn mit ganz wenigen Sachen; ich war durch meine Verwundung im Wagen zu liegen. So fuhren wir, in der Hoffnung, daß es nur auf einige Tage [sei], zu dritt — meine Frau, die Schwiegermutter und ich — weg. Unser Sohn war bei der Deutschen Wehrmacht eingerückt. Die Sturmgeschütze und Panzer standen abfahrbereit auf der Straße. So lenkte meine Frau das Gespann hindurch, wo sie eben Platz fand. Noch ein Nachbar mit seinem Wagen fuhr mit. Eine Anzahl Wagen fuhren schon in der Nacht weg. Unser Weg ging über Sarafola nach Groß-Sankt Nikolaus. Dort trafen wir die anderen Landsleute, weil sie nicht weiterkonnten, weil die Wehrmacht die russische Front noch nicht durchbrochen hatte. Erst am Nachmittag konnten wir bis Bulgarisch-Beschenowa. Hier standen wir vor dem Ortseingang, etwa 20 Wagen aus unserem Ort und viele noch aus anderen Dörfern, aus Perjamosch, Tschanad, Sankt Nikolaus und Sarafola1. Gegen Abend schoß plötzlich


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russische Artillerie in unsere Wagenkolonne. Bisher hielt sich noch einer am anderen, nun aber war kein Halten mehr. Die Pferde stoben davon, jeder suchte zu entkommen. Viele fuhren querfeldein, immer der ungarischen Grenze zu. Meine Frau konnte die Pferde nun doch nicht richtig beherrschen. Deshalb richtete ich mich, so gut ich konnte, auf, stützte mich auf den Sitz und nahm die Zügel selbst in die Hand. Die Pferde zogen, was sie konnten, denn die Straße war von den vielen Wehrmachtsfahrzeugen ganz aufgewühlt; auch steckten wir immer zwischen Panzern. Die Russen schössen auf uns die ganze Nacht.

Endlich, am frühen Morgen, erreichten wir dann ohne Verluste Keglevich. Dort standen die Häuser alle verlassen. Die Bewohner waren nachts weggezogen. Hier mußten wir wieder eine Stunde warten, da der Weg zur ungarischen Grenze noch immer nicht frei von Russen war. Die Pferde hatten noch immer kein Futter bekommen, nur Wasser. Als nun um 8 Uhr der Weg endlich frei war, sind die deutschen Soldaten mit ihren Fahrzeugen davongefahren. Ich aber blieb mit noch 5 weiteren Wagen zurück, vor uns die Deutschen, und hinter uns grollten die russischen Panzer. Nun hatten wir Angst, abgeschnitten zu werden. Die Straße war nun gut und frei von Militär; so holten wir nun aus den Pferden das Letzte heraus. So erreichten wir doch wieder einige deutsche Kampfwagen, welche noch vor der ungarischen Grenze [waren]. Wir wollten nun am liebsten auch unser Gespann stehenlassen, wie es schon sehr viele Landsleute getan [hatten], und wollten mit den Soldaten in ihren Fahrzeugen mit. Man sagte uns aber, daß die Geschütze hinter der ungarischen Grenze zusammen mit den Ungarn in Kampfstellung gehen werden; dann müßten wir ja doch wieder herunter. Es tat uns aber auch leid um die Pferde, und so fuhrwerkten wir eben wieder nun der schon nahen ungarischen Grenze zu.

Bei Kübekháza überquerten wir dann endlich die Grenze, damit auch die Kampflinie. So waren wir nun vorerst in Sicherheit. Es ging gleich weiter


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durch Szegedin, und spät am Abend des 8. Oktober machten wir nun zum erstenmal Rast. Zwei Tage und eine Nacht in Kampflinie konnten wir an Schlaf nicht denken. Die Pferde waren nicht aus dem Geschirr. Hier wurden sie erstmal gefüttert; an einem Heuhaufen standen sie und fraßen die ganze Nacht. Am frühen Morgen fuhren wir dann weiter. Wir wollten bei Baja über die Donaubrücke; wir erfuhren aber, daß diese schon gesprengt war. So mußten wir über Kalocsa nach Dunaföldvár. Es ging nun ja langsamer, und wir mußten ja den Pferden auch Zeit lassen, denn sie waren ja nicht beschlagen, und wir hatten auch keine Pengö, um es hier machen zu lassen. Futter und ein wenig zum Essen gaben uns mitleidvolle Menschen. Auch bei Dunaföldvár war die Brücke nur für Militär freigehalten. Wir sollten also über eine Fähre geleitet werden. Dort standen aber viele hundert Wagen; manche warteten schon 8 Tage und kamen nicht daran. In einer solchen verzweifelten Lage kam uns ein deutscher Unteroffizier zu Hilfe, da er sah, daß ich verwundet und hilflos [war], die Wunden arg vereitert, bis 40° Fieber, so ließ er mich und noch 3 Wagen mit Landsleuten über die Donaubrücke.

Nun war ja wieder ein Hindernis genommen, aber mein Zustand verschlimmerte sich auch von Stunde zu Stunde. In einem ungarischen Ort mußten wir einen Arzt suchen, der mir dann versicherte, das Bein muß amputiert werden. Das hieß für uns, daß wir die Fahrt unterbrechen müssen auf lange Zeit. Meine Frau weinte laut auf und wollte mich nicht dalassen. Wir fuhren noch in der Nacht weiter, immer bestrebt, doch so bald wie möglich die deutsche Grenze zu erreichen. Über Ödenburg kamen wir dann endlich über die Grenze. In Großhöflein übernachteten wir zum erstenmal nun auf deutschem Boden, und alle Hetze war nun vorbei. Mittlerweile war es 20. Oktober geworden. Am nächsten Tag erreichten wir Neufeld bei Ebenfurth. Hier war nun die erste Flüchtlingsbetreuungsstelle und endlich, Gottseidank, ein Arzt. Wie es sich herausstellte, war es ein Landsmann, Dr. H. aus Gertianosch. Er reinigte und verband die Wunden, riet mir aber, so schnell als möglich den Splitter herausoperieren zu lassen. Nach 3 Tagen Ruhe und Pflege hatte ich mich so gut erholt, daß ich mich ein wenig aufsitzen konnte im Wagen und die Pferde selbst lenken konnte. Die Pferde wurden beschlagen, denn sie konnten nicht mehr weiter, da die Hufe blutig gelaufen waren. In St. Polten bekamen wir dann einen Ausweis, daß wir nach München fahren sollten.

In Euratsfeld hörten wir, [daß] die anderen Landsleute alle im Kreis Horn seien. So überlegten wir, ob wir nicht besser auch nach Horn zurückfahren sollten. Denn wenn der Krieg bald zu Ende geht, sind wir ja ein gut Stück Weges näher zur Heimat. Also auf nach Horn! Hier wurden wir in die Gemeinde Straning, Ortschaft Grafenberg, eingewiesen. Am 1. November, zum Fest Allerheiligen, trafen wir hier ein. Wir bekamen, 3 Familien, ein großes Zimmer, fanden Arbeit genug. Ich aber mußte bald ins Krankendiges Ereignis hatten wir hier. Unser Sohn kam auf Urlaub, Anfang haus. In Eggenburg wurde mir der Splitter herausoperiert. Noch ein freu-Jänner 1945.

Einem Einberufungsbefehl zur SS-Musterung mußte ich trotz aller Be-


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schwernisse am 18. Jänner nach Wien Folge leisten. Ich fuhr nach Wien, konnte aber noch am selben Tage zurück; da die Wunde noch nicht richtig verheilt [war], wurde ich auf 6 Monate zurückgestellt. Wir arbeiteten nun hier; man kam ein wenig zur Ruhe. Die treuen Pferde wurden krank, auch von meinem Gespann ging das eine zugrunde. Auch den anderen Landsleuten war das gleiche passiert. Aber auch diese Ruhe nun sollte nicht von Dauer sein, denn es zogen nun Tag und Nacht Kolonnen mit Flüchtlingen aus dem Burgenland durch. Ich konnte und wollte meiner Frau nicht noch einmal so eine überstürzte Flucht zumuten, und wir entschlossen [uns], wieder weiterzufahren. Da nun alle unsere anderen Männer eingerückt waren, so waren fast nur Frauen. Wir mußten aus drei Gespannen nun eines machen. Von der geringen Habe blieb wieder vieles liegen. So zogen wir mit einem Passierschein von der Militär-Dienststelle, 2 Familien nun auf je einem Wagen, weiter.

Nun kurze Auszüge aus meinem Tagebuch:

Am 12. April 1945 fuhren wir um 2 Uhr nachmittags weg, es regnete stark. Abends spät, ganz naß, kamen wir in Altenburg an und wurden in einem Schuppen untergebracht. Hier schlössen sich 2 Familien, Landsleute, uns an. 13., 14., 15. April verbrachten wir hier, da von unseren Pferden hier Junge bekamen. Am 16. April aber mußten wir weiter. Die kleinen Pferde mußten wir zurücklassen. Wir waren nun 9 Wagen, wir fuhren bis Weiden. Es nahm uns niemand auf, so daß wir auf der Straße übernachteten. Die Pferde standen in einem alten Schuppen, welcher in der Nacht zusammenbrach und 5 Pferde unter sich begrub; Gottseidank, wir konnten alle retten.

Am 17. fuhren wir weiter. In Göpfritz verabschiedeten wir uns von Landsleuten, welche nicht weiterkonnten. Wir mußten nun oft unsere Wägen einzeln mit 4 Pferden hinaufziehen; es ging langsam vorwärts. Die Nächte verbrachten wir in Scheunen. Am 19. kamen wir in Karlstift an; es war nun sehr kalt, und Schnee ist gefallen. Am 20. wollten wir über die Grenze von Nieder- auf Oberdonau. Im Walde waren Tausende ungarische Soldaten. An der Grenze aber hat man uns nicht hinüber lassen. Man sagte uns, Oberdonau sei schon voll Flüchtlinge. Also umkehren. Beim Umkehren kam meine Frau mit dem rechten Zeigefinger unters Wagenrad, wurde das erste Glied zerquetscht.. In Karlstift verband sie ein Arzt. Hier ging uns das Futter aus, und wir mußten altes Gras im Walde unterm Schnee sammeln. Ein Pferd ging uns hier wieder ein. Am 23. bekamen wir dann von einer Militär-Dienststelle Sonderausweise und konnten nun die Grenze passieren. Es ist den ganzen Tag Schnee gefallen, und der Wind ging eiskalt. In Sandl übernachteten wir. Am 24. ging es dann bis nach Freistadt. Hier trafen wir viele Perjamoscher und Gertianoscher; auch den 25. verbrachten wir hier. Am 26. wurden wir von der Kreisleitung in die Gemeinde Reichenau eingewiesen, welche wir auch noch am selben Abend erreichten. Wir wurden am nächsten Tag in die Ortschaft Winterdorf geleitet.

Der Schluß des Berichts schildert den Einmarsch amerikanischer Truppen, die den Rumäniendeutschen Ende Mai Befehl gaben, sich zur Rückführung


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in die Heimat bei Linz zu sammeln, wo der Vf. mit zahlreichen Landsleuten nach mehrmonatigem vergeblichem Warten und Beschlagnahme der Fuhrwerke in ein Lager eingewiesen wurde.